Kirche und Glauben ohne Vergangenheit

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Am Sonntag (wie passend) hatte ich mir den Film „Stigmata“ zum erstem mal angesehen. Da ich kein Kino- und TV-Junkie bin, sehe ich Kinofilme oft einige Jahre später.

Stigmata ist ein religiöser Mystery-Thriller von Rupert Wainwright aus dem Jahr 1999. Der Film beschreibt den Konflikt zwischen Frankie, einer atheistischen jungen Frau aus Pittsburgh, bei der Stigmata auftreten, und Pater Kiernan, einem ordinierten Priester, der Wunder im Auftrag des Vatikans auch aus naturwissenschaftlicher Sicht untersucht.

Als Bayer mit erzkatholischer Grundausbildung und versuchter Gehirnwäsche von diversen Pfarrern fand ich den Film sehr spannend. Im Prinzip ist es ja die Bibel oder der Koran ein gutes Modell für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.

Wenn Glaube, Machtanspruch, Hierarchische Ordnung und der Mensch zusammentreffen, entsteht gerne ein System, das mit Angst und Druck arbeitet. Früher gab es das kirchliche Gewaltmonopol, heute funktioniert es mit Moral, den üblichen Traditionen und modernster Medienpräsenz. Gute Ideen sind schon oft an der menschlichen Umsetzung gescheitert.

Tragend in dem Film war, dass der „Glaube“ immer aus Schmerz, Blut, Leid und Gewalt besteht. Wenn man dieses System mit einem grösseren Abstand betrachtet, dann scheint es fast so, als wäre das Ergebnis eine selbsterfüllenden Prophezeiung hier auf Erden. Der Globalplayer Kirche schafft den sündigen Rahmen, damit es im Paradies besser ist.

Das brachte mich auf den Gedanken, wie würde man die Kirche sehen wenn …

Die Kirche lebt von dem historischen Kontext. Nehmen wir an, es gäbe keinen Jesus und keine Kirche. Die Kirche hätte keine gesellschaftliche Anerkennung, die komplette Vergangenheit der Kirche existiert nicht und jetzt in unserer Gegenwart wird die Jesusgeschichte publik – was für eine Sichtweise der Gesellschaft und Gläubigen würde in unserer Zeit entstehen. Wir sehen einen Film über den Vatikanstaat – wie würden die Rituale, Glaubenssätze, der Gekreuzigte und die vielen alten Herren auf uns wirken?

Könnte es nicht sein, dass in der Gesellschaft und Politik eine Diskussion losgetreten wird über verherrlichende Gewaltdarstellung. Könnte das Abendmal als archaisches Theater wirken? Wie würde sich die Kirche und der Glaube entwickeln, wenn sie in unserer heutigen Zeit zum ersten Mal verkündet würde? Wie würde heute unsere Gesellschaft darauf reagieren, wenn der Papst erklärt, er sei Gottes Stellvertreter auf Erden?