Reden über Kunst – nichts als Luftblasen?
Wenn ich Kunstbesprechungen oder Kritiken lese raucht einem schon mal der Kopf. Wenn die Elite der Kunstmacher und Kritiker zu Wort kommen, muss ich mich des öfteren fragen, ob sie selbst verstehen was da von sich gegeben wird. Nicht nur das ich ein Fremdwörterlexikon brauche, sondern machmal verstehe ich nicht mal um was es da eigentlich geht. Wurde eine eigene Kunstsprache entwicklelt die keiner mehr versteht?
Ich beobachte es oft bei den Reden oder Vorträgen auf Vernissagen – alle nicken ehrfurchtsvoll wenn der Redner seine hochgeistigen Ergüsse von sich gibt. Hinterher wenn man die Kunstbesucher im persönlich Gespräch fragt, was sie davon verstanden haben, kommt meistens ein Achselzucken. Frägt man genauer nach, kommt ein entschuldigendes lächeln mit den Worten „der Professor hat in seiner Rede seine eignene Sprache und Ansicht“. Aber keiner will sich die Blösse geben beim Kunstspiel. Will man als dumm und als Kunstbanause dastehen? Lieber klatscht man Beifall, weil schliesslich jeder klatscht. Braucht Kunst eine Kunstsprache? Braucht Kunst nur diese Elitesprache der Elite willen und deren Inhalt nur gut getarnte Worthülsen sind.
Anscheinend schon, sie ist oftmals wie die Verpackung eines simplen Kunstwerkes. Je einfacher das Kunstwerk desto ehrgeiziger und hochtrabender die Rede. Sogar bei vielen Kunsttexten erwische ich viele dieser bekannten Redewendungen, man hat das Gefühl jeder schreibt vom anderen ab und garniert es mit einem zusätzlichen hochgeistigen Erguss. So wird es immer extremer und oftmals habe ich den Verdacht das auch diese Elite nicht mehr ganz versteht was sie da macht. So wird der Kunstdialog zum undefinierten Kunstsprachbrei, zu einer eigenständigen automatischen Kunstsprache erhoben. Diese Kunsttexte könnten genauso von einem Computer erstellt werden aus verschiedenen Phrasenstücke der Reden oder Vorträge.
Mich erinnert das an ein Beispiel wo ein Museumsleiter erklärte „man hat extra einen Raum leergelassen, ohne Kunst – damit man den Unterschied zur Kunst sieht“. Mein Kommentar dazu „das ist für mich geistiges Onanieren“. Das hatte mir natürlich ziemlichen Ärger eingehandelt, aber ich stehe dazu. Denn wenn Abwesenheit von Kunst so wichtig ist, das man die Kunst überhaupt erkennen kann – dann … Die Rede aber selbst war so hochkompliziert, weil man ein paar MDF-Platten mit Bohrlöchern als Kunst deklariert hat und wie soll man die mit einfachen Worten erklären. Das macht schliesslich keinen Eindruck auf die Mueseumsbesucher.
Ich bin überzeugt das eine gute anspruchsvolle Rede ein Kunstverständnis transportieren kann, vielleicht gehöre ich nicht dazu. Aber im Stil eines guten Artikels, wie sie oft in der Zeitschrift „Die Zeit“ zu finden sind – verständlich in der Sprache, stilistisch perfekt und journalistisch anspruchsvoll und man kann das geschriebene noch nachvollziehen.
Vielleicht sollten wir uns überhaupt mal fragen, ob Kunst wirklich nicht mehr ist als ein dekoratives Aushängeschild für (nicht unbedingt geistige, dafür aber wohlhabende) Eliten in unserer Gesellschaft!
Bohrlöcher sind keine Kunst. Und echte Kunst ist auch gar nicht dazu da, Eliten zu schaffen. Also müssen wir auch nicht wie bekloppt versuchen, zur Elite zu gehören, indem wir Bohrlöcher für Kunst erklären.
Kunst heißt für mich: etwas schaffen, was spezifisch menschlich ist, z. B. eine besonders schöne Melodie, eine besonders schöne Farbzusammenstellung. Formen, die etwas aussagen. Oder eine Geschichte.
Jeder, der ein bißchen Grips im Kopf hat, kann so etwas schaffen und kann so etwas auch deuten. Eine „hochgeistige Kunstsprache“, durch die man die vermeintlich Gebildeten vom „einfachen Volk da unten“ trennt, braucht man wahrhaftig nicht!!!
Liebe Grüße,
Lydia
Du sprichst mir aus der Seele. Der gelbe Schal wurde eigens für große Blubbermäuler geschaffen, als Fördermittel ihrer geistigen Ergüsse; welche sinnfrei Kunst beschreiben wollen, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, das Kunstwerk überhaupt zu SEHEN!
Herzliche Grüße
Sylvie
Na endlich, ich habe mich bisher einfach für doof gehalten. Und da will man sich ja nicht blamieren … beim Märchen von des Kaisers neuen Kleidern ists ja auch so, das jeder so tut, als habe der Kaiser, der splitterfasernackt durch die Strassen läuft, was an, weil er meint, der Nachbar sehe die neuen, tollen Kleider. Tja, ist die heutige Kunst wirklich so schlecht, dass man sie mit heisser Luft und Worthülsen aufblasen muss? Nee, Michael, Deine natürlich nicht …!
Sehr provokativ gegen die Elite unserer Kunst. Endlich einer der den Mund aufmacht! Das Foto ist gut getroffen!
Da kann ich Ihnen nur zustimmen als langjähriger Kunstkenner !
„Diese Kunsttexte könnten genauso von einem Computer erstellt werden aus verschiedenen Phrasenstücke der Reden oder Vorträge“.
„Der redet nix als heiße Luft“ in einem Foto ausgedrück – tolle Idee ;)