Jeder kennt den Zaun um Heiligendamm, da dachte ich mir, die Kunstgrenze in Konstanz habe ich schon von verschiedenen Seiten beleuchtet, ob da nicht irgendwelche Parallelen zu Heiligendamm sind. Dabei ist mir folgendes auf- und eingefallen.
Es scheint das Beispiel Konstanzer Kunstgrenze regt andere Künstlern zu neuen Ideen an. Die Bundesregierung betätigt sich nun als Künstler und schafft eine Konkurrenz zur Kunstgrenze in Konstanz.
Nur das die Kunstgrenze auf deutschen Boden steht, sie will aufzeigen wie die Machtverhältnisse von Politik und Bürger verteilt sind. „Mit Tarot haben wir nichts zu tun“, so ein Sprecher der Bundesregierung. Sie kostete schlappe 12,5 Mio. Euro. Die Bundesregierung will die Kunstgrenze als ein temporäres Kunst-Event verstehen.
Zwei Unterschiede weisen die beiden Kunstgrenzen auf. In Konstanz wurde die Kunstgrenze über eine Stiftung finanziert, sie wurde der Stadt Konstanz und Kreuzlingen geschenkt, es gab ein kleines Fest und (fast) keine kritische Stimme bzw. Auseinandersetzung. Die Kunstgrenze der Bundesregierung wird aus Steuergeldern finanziert, hat aber einen kritischen Prozess in unserer Gesellschaft ausgelöst. Sicherlich haben die gezielte Werbung in den Medien und die im Vorfeld gestarteten Performance Events dazu beigetragen. Mühselig zu fragen welcher künstlerische Prozess mehr bewirkt.
Der 2,50 Meter hohe Kunstgrenze aus Stahlgittern und Beton ist mit Stacheldraht umwickelt und mit Kameras sowie Bewegungsmeldern ausgerüstet. Bestandteil der Kunstgrenze ist auch ein 50 Zentimeter in die Tiefe reichender so genannter Unterkriechschutz.
Das Kunstwerk
Beachtenswert ist die geometrische Linienführung der Kunstgrenze, das Gewässer ist in das Konzept mit einbezogen. Somit entsteht ein eigener Raum, ein innen und aussen. Der Stacheldraht als Symbol von Mahnung und schmerzhaften Übertretungen. Dieser ist wie eine Krone auf das Haupt der Kunstgrenze gesetzt und winkt mit einer offenen Kommunikation vom Politiker zum Bürger. Das filigran gesetzte Metallgitter scheint Durchlässigkeit und Transparenz aufzuzeigen. Es schwebt scheinbar über den Grund. Sie signalisiert Offenheit, „wir wollen einen Dialog“ und zum anderen zeigt sie die absolute Grenze – komm uns nicht zu nahe. Hier wird ein Spannungsfeld aufgezeigt, der auch Raum für neue Interpretationen lässt.
Sind es Gefangene oder Ausgestossene die sich innerhalb der Kunstgrenze befinden oder entspricht es einen Zoo, so wie es in Berlin gerade mit Knut passiert? Wer ist hier eingesperrt oder wird hier ein ganzes Volk ausgesperrt? Der Unterkriechschutz symbolisiert – hier kommt nichts von unten, der Basis. Es zeigt eine distanzierte Sichtweise – der obere Teil des Kunstwerkes steht frei im Raum und das verborgene ist im Untergrund verankert, man könnte fast sagen das erdige Mutterhafte wird nicht sichtbar gemacht. Damit der Event eine eigene Dynamik bekommt, werden zusätzlich angeheuerte Performance-Künstler als Polizisten verkleidet an der Kunstgrenze patrolieren. Ein wahrlich politisches Kunstwerk.
Leider kann man die Kunstgrenze nur aus 200 Meter Abstand besichtigen. Sicherheitskräfte begründen es „man wolle das Kunstwerk schützen“, nicht das die Transparenz missverstanden werden könnte.
Der Event endet am 9. Juni, mittlerweile sind schon über 40 Begleitveranstaltungen angemeldet und es werden sicherlich noch mehr. Um das Spannungsfeld zur Kunstgrenze und diversen Performance-Shows zu steigern hat sich die Bundesregierung im Vorfeld schon interessante Aktionen einfallen lassen. Wir sind gespannt auf den Vernissagen und der Einweihung der neuen innerdeutschen Kunstgrenze. Ach ja, ein Name wurde auch schon gefunden „Scheinheiligendamm“.