Kunst und das liebe Geld

Wenn man mit anderen Künstlerkollegen zusammen trifft, dann kommt irgendwann das Gespräch auf das Einkommen. Ein Argument das ich oft höre ist: „Ich mache gute Kunst und ich mache sie nicht wegen des Verdienstes – Geld ist mir egal“. Der Künstler will mit dem Kommerz nichts zu tun haben – „Anspruch und Wirklichkeit?“

geldkunst.jpgVielleicht sollte man erstmal festhalten:
Die wenigsten Künstler können von ihrer Kunst leben und haben irgendwelche Nebenjobs um überhaupt überleben zu können.

Das gesamte Einkommen eines Künstlers ist tiefer als das Einkommen eines Arbeiters mit gleicher Erfahrung und gleichem Ausbildungsniveau, obwohl die wöchentliche Arbeitszeit eines Künstlers höher ist.

Der freiberufliche Aspekt scheint bei Künstlern sehr wichtig zu sein, er zeigt ihre Unabhängigkeit, deshalb auch gerne die Zusatzbezeichnung „Freischaffender Künstler“. So auch auf meiner Visitenkarte, aber im Normalfall sind ja alle Künstler „freischaffend“, zumindest kenne ich keinen der als Künstler angestellt ist und ein monatliches Salär dafür bekommt. Tatsächlich sind oftmals die Künstler abhängiger als sie zugeben wollen.

Ein gutes Beispiel ist die Ballonflasche, nur das deren Öffnung aus einer dünnen Kanüle besteht. Im Glasballon sind die vielen Künstler, aber nur wenige schaffen den Weg durch den dünnen Flaschenhals. Physikalisch gesehen baut sich hier Druck und Widerstand auf, da eine grosse Masse durch einen engen Flaschenhals will. Dieses Phänomen zeigt sich sehr schön auf dem Kunstmarkt.

Kunstmessen und Kunstpreise
Es wachsen in jeder mittleren bis grossen Stadt Kunstmessen und Galerien wie Pilze aus dem Boden. Bei allen gleich ist die finanzielle Künstlerbeteiligung, die von einigermassen fairen Konditionen bis hin zur Abzockerei der Künstler geht. Die Kunstmessen haben keine qualitativen Auswahlkriterien, sondern haben zum Teil den Charakter von Kunstbasaren. Da bei Künstlern ein grosser Ausstellungsdruck vorhanden ist um seinen Bekanntheitsgrad zu vergrössern, klappt diese Konzept sehr gut und damit lässt sich auch für die Veranstalter gutes Geld verdienen. Interessant auch die Verbindung von Messebaufirmen/Eventagenturen die als Kunstfreunde auftreten und Kunstmessen initiieren oder die Veranstalter sind auch oftmals gescheiterte Künstler, die entdeckt haben wie man trotzdem im Kunstmarkt sein Geld verdienen kann.

Leider gibt es keine exakte Erhebung über diese Kunstmärkte, ob die Künstler zumindest die Kosten die sie für den Event ausgegeben haben, wieder eingenommen werden. Plus minus Null-Geschäft? Dann hat man Glück gehabt. Es scheint aber so, dass sich die Kunstmessen nur für den Veranstalter rentieren, natürlich gibt es auch einige Künstler die ein Plus einfahren. Doch die Masse zahlt drauf und dies scheint der Grund für den Haupttenor der Künstler zu sein „Dabeisein ist alles“ und so gerechtfertigt man seine Kosten und die Vorstellung, wenn man lange genug mitmacht, wird sich auch der künstlerische Erfolg einstellen. Leider zeigt die Realität, dem ist nicht so.

Das gleiche findet man bei den Kunstpreisen diverser Kunstveranstalter und Galerien. Die Kunstpreise sind durch die Künstler vorfinanziert, denn man muss einen Beitrag bezahlen um teilnehmen zu können. Zum anderen sind diese Kunstpreise absolut nichts wert. Einer dieser Kunstpreise wird zum Beispiel sehr gerne von einer „Galerie in Leipzig“ vergeben incl. Ausstellung. Bei seriösen Kunstpreisen muss der Künstler keine Abgabepreise bezahlen und werden meist von öffentlichen Institutionen, Banken oder Städten ausgeschrieben.

Warum machen Künstler dies?

Weil die höchsten Einkommen auf dem Kunstarbeitsmarkt sehr hoch sind.

Weil der durchschnittliche Künstler leichtsinniger, sorgloser oder risikofreudiger ist.

Weil sie sich für nicht-künstlerische Arbeit ungeeignet halten. Zudem wird kein Abschluss, Zertifikat oder bestimmtes Qualifikationsniveau benötigt.

Weil sie weniger an Verdienst, dafür aber stärker an persönlicher Befriedigung und Status interessiert sind als Arbeiter anderer Berufsgruppen.

Weil sie manchmal Informationen ignorieren, sich selbst überschätzen und selber täuschen.

Weil sie falsche Informationen haben aufgrund sich hartnäckig haltender Mythen. Man muss nur vom richtigen Galeristen entdeckt werden, Van Gogh hat zu Lebzeiten auch kein Bild verkauft, usw..

Die andere Seite sind die „Superkünstler“
Natürlich gibt es auch die „Superkünstler“, nehmen wir mal Damien Hirst. Damien Hirsts Diamantenschädel wurde im August für den irrwitzigen Preis von 100 Millionen Dollar verkauft. Zum Teil an den Künstler selbst, wie sich später herausstellte – eine gute Marketingmassnahme war das allemal. Denn nur durch solche Aktionen kann man anscheinend den Bekanntheitsgrad erhöhen. Einen interesssanten Artikel darüber gibt es bei meiner Lieblingszeitschrift „Die Zeit“. Brillianter Kauf

7 Antworten auf „Kunst und das liebe Geld“

  1. Vielleicht haben die meisten Künstler nix zum investieren und träumen lieber von der grossen Entdeckung.

  2. Selbstverständlich ist Kunst „auch nur“ ein Business. Ich persönlich finde das auch nicht verwerflich, kenne aber durchaus Kollegen, denen es peinlich ist, zugeben zu müssen, dass sie gerne ihr Brot mit ihrem Schaffen verdienen möchten. Die Erfüllung eines solchen Wunsches beinhaltet jedoch auch die Bereitschaft zu Investitionen. Und genau dieses wird zu oft mit monetären Investitionen gleichgesetzt, damit haben die angesprochenen, nicht seriösen Galeristen natürlich leichtes Spiel.

  3. @Sylvie: Dieser Beitrag kam zustande, da ich mit einigen Künstlern ein Gespräch hatte und sie sehr viel Geld verloren haben, durch überzogene Ausstellungsbedingungen. Hatten vorher das „Kleingedruckte“ nicht gelesen und kamen dadurch ziemlich in finanzielle Schwierigkeiten.

    Ein Stück vom Kuchen haben wollen ist ja voll in Ordnung, leider ist es so dass das Stück Kuchen sich zum Schluss als Krümel erweist.

    Schade eigentlich …

  4. Falsche Informationen mögen ein Grund sein, viele greifen wohl nach dem Strohhalm, was aber nicht bedeutet, dass es für jeden nur ein solcher sein muss. Es bieten sich Künstlern nicht allzu viele Möglichkeiten, bekannt zu werden, so bekannt, dass sie gut von ihrer Arbeit leben können. Dieses Problem haben doch schaffende Künstler seit jeher und viele angebliche Möchtegern-Galeristen nutzen das gnadenlos aus. Hinterher ist man immer schlauer… Ein Stückchen mehr vom Kuchen zu wollen, halte ich nicht für verwerflich, er ist ja schließlich groß genug und würde ohne den ‚hype‘ einzelner Künstler einem viel größeren Kreis gut tun. Aber wer will das schon…
    Vincent van Gogh hat im Januar 1890 sein erstes und einziges Bild verkauft, ‚Der rote Weinberg‘ für 400 Francs an Anna Boch aus Brüssel.
    Liebe Grüße
    Sylvie

  5. Guten Tag Herr Prax,
    eigentlich kurios, sie als Künstler nehmen die Künstler unter die Lupe. Wenn man dann auch noch die anderen Beiträge von Ihnen liest, „Braucht Kunst eine Kunstsprache?“ oder „Documenta XII kontra Documenta XIII“ könnte man sie als Nestbeschmutzer sehen. Aber Ihre Berichte haben einen gnadenlosen Humor und treffen die Realität sehr genau. Ihr Blog gefällt mir sehr gut und werde ihn noch öfters besuchen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Bernd Krohn

    P.S. Ich arbeite als Kunsthistoriker, kenne also die Branche „Kunst“.

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