Warum nicht gleich eine Endlösung anzustreben. Westerwelle hat das Problem mit den Millionen arbeitsscheuen Harz IV Empfängern sehr gut analysiert. Perfekt die Umschreibung mit römischen Verhältnissen, schade nur, dass dies damals die Oberschicht war, oder hat sich da ein Körnchen Wahrheit eingeschlichen.Denken wir doch nur einige Jahrzehnte zurück – Arbeitslager hiessen damals die Auffangstätten von unerwünschten Mitgliedern der Gesellschaft. Das spukt wohl in den Köpfen von Westerwelle und Koch herum – aussprechen dürfen sie es natürlich nicht. Optional könnte man auch die Hartz IV Empfänger nach Haiti verfrachten. Andrerseits muss man sich fragen, ob Herr Westerwelle tatsächlich selbst Arbeitsleistung bringt, andere bezeichnen seine Ergüsse als geistige Onanie und die ist bekanntlich nicht als Arbeit zu bewerten.
Das Ergebnis der Neoliberalen:
Vergessen ist die neoliberale Propaganda, die uns genau in die Situation geführt hat, mit 6,5 Millionen Hartz IV Empfängern und ein paar Millionen Tafel-Gänger und über 8 Millionen Niedrigstverdienern und 1,4 Millionen Aufstocker, die mit über 10 Milliarden Euro von Steuerzahlern aufgestockt werden. Heute sehen wir die Auswirkungen dieser Politik und wie erwartet zeigt man auf die Opfer der neoliberalen Politik. Bemerkenswert, die Medien machen schon seit Jahren Hetzte auf Hartz IV Empfänger und deren Missbrauch.
Tatsache ist: „Insgesamt haben 2009 im Jahresdurchschnitt etwa 6,5 Millionen Menschen nach dem Sozialgesetzbuch II Anspruch auf die Grundsicherung (Hartz IV) gehabt. Bezogen auf diese Gesamtzahl hat die »Missbrauchsquote« nach Angaben der Bundesagentur bei lediglich 1,9 Prozent gelegen – 2008 waren es 1,8 Prozent. Darunter fallen Ordnungswidrigkeiten, also geringfügige Verletzungen von Rechtsregeln, für die das Gesetz eine Geldbuße vorsieht, sowie Verdachtsfälle, die von den Behörden noch nicht abschließend beurteilt sind.“
Die Medien:
In den Medien wird das ein wenig anders dargestellt, hier vermittelt man täglich in Serien den Sozialmissbrauch und Arbeitsscheuheit. Diese Kampagne läuft mittlerweile seit einigen Jahren und die wichtigsten Verblödungsmedien sind an erster Stelle, auffallend ist, dass mittlerweile auch „kritische“ Medien sich dem Thema annehmen. Dies macht auch Sinn, denn in den nächsten Jahren werden immer weniger Arbeitsplätze zur Verfügung stehen und die Löhne werden für die breite Masse immer tiefer sinken. Eine Polarisierung der Gesellschaft dient zur Beruhigung der am Existenzminimum Schaffenden, denn Hartz IV ist die unterste Stufe der Gesellschaft. Hauptsache man arbeitet – so gesehen führt das Lohndumping auf die Regelsätze von Hartz IV.
Wenn sich die Arbeit wieder lohnen soll, so müssen die Löhne angehoben werden und nicht auf Hartz IV Niveau gesenkt werden. Das hat Westerwelle und Koch bis heute nicht verstanden, macht aber nichts – es sind ja schliesslich Politiker und Realitätswahrnehmung ade.
Grosszügige Unterstützung mit Steuergeldern ist bei den Banken sicher besser aufgehoben, deren Arbeit kann zumindest jeder spüren – siehe Finanzkrise oder siehe „nächste Finanzkrise“. Warum gibt es hier keine der üblichen seichten Soap`s über die Gier der Wirtschaftsbosse?
Oder, sind Milliardäre nicht die wahren Schmarotzer dieses Planeten? Der amerikanische Softwareunternehmer Larry Ellison (den finde ich persönlich sympathisch) müsste 183.000 Dollar pro Stunde für Partys oder Essen ausgeben, bloss um zu verhindern, dass er reicher wird, hat Austan Goolsbee einmal vorgerechnet, ein Ökonom an der Universität Chicago.
„Bild“-Zeitung operiert mit falschen Zahlen
Hartz-IV-Hetze (NRhZ – Online)
Freund Westerwelle (FR-Online)
Zum guten Schluss:
Aber im Ernst, warum macht Guido diese Sprüche? Weil die CDU/CSU in an die Wand fährt? Was Westerwelle derzeit betreibt, ist nicht eine falsche Strategie, es ist nämlich überhaupt keine Strategie. Es ist eine reine Panikreaktion – man dachte doch immer, der Westerwelle sei ein kluger Analyst. Denn dieses Jahr wird das Jahr der Insolvenzen beim Mittelstand und das sind (waren) seine Wählerstimmen und eventuell zukünftige Kandidaten für Hartz IV. ;-)
P.S. Wäre nicht Vincent van Gogh heute der Prototyp eines Hartz IV Empfänger?
* Vorsicht: Dieser Artikel mit der „Endlösung“ ist nichts als eine überspitzte Darstellung, also Provokant. Würde aber behaupten, dass bei einigen Zeitgenossen (Stammtisch, Bildzeitungsleser) genau dies in den Köpfen rumgeht.
Update 19.02.2010:
Nun kommt die Diskussion richtig in Gang, ein sehenswerter Bericht über das Thema war das Heute-Journal am 19.02.2010. Besonders der Beitrag: Wo der Staat kassiert. Man muss sich nicht wundern, das es deutsche Bundesbürger ziemlich ankäst, wie sie abgezockt werden. Lohnt sich Leistung? Wohl kaum, denn der Staat langt unverhältnismässig zu. Da lob ich mir die Schweiz – hier lohnt sich noch Leistung.
Eckzahlen vom Arbeitsmarkt (Statistisches Bundesamt)
Gegenstand der Nachweisung Daten des Statistischen Bundesamtes | Einheit | 2008 | 2009 |
---|---|---|---|
Alle Werte sind gerundete, soweit nicht anders angegeben, Jahresdurchschnittsergebnisse. 1 Alle auf dem Arbeitsmarkt aktiven Inländer (Erwerbslose und Erwerbstätige). – = Nichts vorhanden. | |||
Erwerbspersonen1, 2 | Mill. | 43,36 | 43,46 |
Erwerbstätige Inländer2, 3 | Mill. | 40,22 | 40,15 |
Erwerbstätige im Inland4 | Mill. | 40,28 | 40,24 |
Selbstständige5 | Mill. | 4,43 | 4,41 |
Arbeitnehmer | Mill. | 35,85 | 35,83 |
nach Wirtschaftssektoren4 | |||
Land-, Forstwirtschaft, Fischerei | Mill. | 0,86 | 0,87 |
Produzierendes Gewerbe (inkl. Baugewerbe) | Mill. | 10,22 | 10,01 |
Dienstleistungen | Mill. | 29,27 | 29,37 |
Erwerbslose2 | Mill. | 3,14 | 3,31 |
Erwerbslosenquote2 | % | 7,2 | 7,6 |
Daten der Bundesagentur für Arbeit | |||
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte6 | Mill. | 27,46 | 27,38 |
Ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte6 | Mill. | 4,88 | 4,93 |
Registrierte Arbeitslose | Mill. | 3,27 | 3,42 |
Registrierte Arbeitslosenquote7 | % | 7,8 | 8,2 |
Gemeldete Stellen | Mill. | 0,57 | 0,49 |
Gesamtwirtschaftliches Stellenangebot8 | Mill. | 0,85 | – |
Einig gegen Recht und Freiheit!
Für Steuerbetrüger sind folgende Strafen vorgesehen:
Auszug Wikipedia:
Die Strafe ist von der jährlichen Steuerschuld abhängig und wurde am 2. Dezember 2008 mit einer neuen Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes festgelegt (Az: 1 StR 416/08), wonach die Steuerhinterziehung mit ähnlichen Strafen wie Betrug behaftet ist. Der Steuerschaden ist hochmaßgeblich für die Strafzumessung.
* Bis 50.000 Euro werden normalerweise Geldstrafen verhängt.
* Ab 50.000 Euro kann auch eine Freiheitsstrafe (auf Bewährung) verhängt werden.
* Ab 100.000 Euro sollte in der Regel als besonders schwerer Fall eine Freiheitsstrafe verhängt werden.
* Ab 1.000.000 Euro ist mit mindestens 2 Jahren Gefängnis zu rechnen, welche in diesem Falle dann auch nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden können. Dies wird in einer öffentlichen Hauptverhandlung ausgetragen.
Bis 49.999 Euro Schaden für die Gemeinschaft bleiben die Steuerbetrüger weitgehend straffrei.
Ein zum „Arbeitsunwilligen“ abgestempelten und denunzierten Bürger wird mit Hunger und Obdachlosigkeit bedroht. Der Schaden ist offensichtlich zu gering und muss deshalb mit unmäßiger Härte abgestraft werden.
So sehen die Vertreter des Besitzbürgertums unsere Demokratie.
Die Neufeudalisten der Mövenpick-Partei und der Sponsoren-Union Deutschlands haben den Bürgern nichts zu bieten außer einem obrigkeitsstaatlichen Zurichtungs- und Züchtigungsregime für die von Arbeitslosigkeit getroffenen Bürger, also für 99% der Bevölkerung. Darin sind auch jene enthalten, die sich dem Besitzbürgertum zugehörig wähnen.
Aber sie sind sich einig gegen Recht und Freiheit in Deutschland, das sind sie ihrer Tradition schuldig.
Hallo Michael.
die Idee lässt mich aber nicht los. Ich weiß dass sie verrückt klingt, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass da ein zumindest interssantes Szenario aufbaubar wäre.
Du schreibst, dass Du auch schon mal so was überlegt hast – und ich hab gefunden, dass Du auch Projektmanager für Finanzen bist – also hat deutlich mehr Ahnung als ich.
Hättest Du Lust per Mail Kontakt aufzunehmen (mene Adresse hast ja) dann könnt ich meine Vorstellungen fundierter in Tabellen und mit mehr Angaben erstellen.
Ich werd einfach dass Gefühl nicht los, dass es für Deutschland mit der schon jetzt sehr hohen sozialen Absicherung eine zumindest denkbare Alternative zu der derzeitigen Arbeitslosenpolitik aufzeigen könnte.
Also zumindest ein interessanter und halbwegs fundierter Blogbeitrag müsste schon erstellbar sein.
Für jeden der genauere Zahlen braucht empfehle ich das „Das Statistische Jahrbuch 2009„ vom Statistischen Bundesamt.
@ Bernd:
So gesehen ist Deine Rechnung gar nicht mal so schlecht, hatte ich mir auch schon mal überlegt. Hat aber einen grossen Haken. Man würde eine staatliche Schattenwirtschaft aufbauen und somit Betriebe die im Wettbewerb stehen platt machen und somit gäbe es noch mehr Arbeitslose. Dadurch würde sich die Lage eher verschlechtern.
Klar wäre es gut im sozialen Bereich mehr Arbeitsplätze zu schaffen, nun ist mittlerweile auch dieser Bereich zu rein kommerziellen Firmen verkommen und wirtschaftlichkeit scheint nur über den Abbau von Lohnkosten zu funktionieren – siehe Krankenhäuser, Pflegedienste usw..
Das ist ja jetzt schon die Problematik mit den 1 Euro Jobs.
Leider hat der Staat sein Tafelsilber verscherbelt, also Energie, Telekommunikation, Post und Verkehr, auch eine liberale Tat. Hier hätte man eventuell noch Arbeitsplätze erhalten und vielleicht auch ausbauen können.
Ich denke das Hauptproblem ist unsere Wirtschaftsphilosophie, Gier und die verrückte Idee des unbegrenzten Wachstums, zudem kommt die gewaltige Bevölkerungsexplosion (global gesehen). Da es dem Menschen nicht eigen ist Konsequenzen aus falschen Handlungen zu ziehen, ausser es ist wirklich schon total daneben gegangen, wird sich in der näheren Zukunft die Lage eher verschlechtern.
Schau Dir mal den Bericht vom Heute-Journal an – Steuerbelastung (link oben im Bericht). Interessant sind ja noch die verdeckten Abgaben (Energie, Benzin, Tabak, MwSt, KFZ-Steuer … usw.). Da bleibt dann vom Netto auch nicht mehr soviel
Michael
Du hast völlig recht, die Anzahl von !Abzockern“ spielt aicher keine Rolle. Wenn es da 4,6 Millionen Harz IV Empfänger (die ohen Aufstockung) gibt wärs sogar egal wenn da 1 Million definitiv nicht arbeiten WOLLEN. Das heisst ja, dass dennoch 3,6 Millionen eben keine Arbeit FINDEN. Und was heisst „abzocken“? Sich da die paar Euro ohne Arbeit abzuholen? Da wird gerade so getan, als könnte man mit Harz IV in Saus und Braus leben und wer arbeitet muss im Gegenteil fast die Klostersuppe essen. So ist es ja wohl auch nicht. Wie ich schon mal oben geschrieben habe glaub ich zwar schon dass Harz IV durchaus ein „erträgliches“ Leben ermöglicht.
Also ich bin selbsständig und es gab in der Vargangenheit durchaus Jahre wo ich nach Krankenversicherung und Miete und (geringen) Geschäfstskosten keine 300 Euro mehr an Geld hatte. Da wärs mir mit Harz IV besser gegangen. Dass dies dennoch für mich nie in Frage gekommen ist, liegt nur daran, dass ich Harz IV als „Ende“ betrachte aus dem ich wahrscheinlich nie mehr herausgekommen werde.
Als Selbstständiger bleibt die Hoffnung, dass es eben besser werden KANN – und so halbwegs klappt das auch.
Und ich finde, ganau das ist das Problem von Harz IV – es gibt nur für wenige (ich kenn die Zahlen nicht und kann dies daher nur vermuten) einen Weg heraus. Der Weg ins Aufstocken ist meiner Meinung nach wirklich falsch und kein Anreiz also müssten Mindestlöhne definitiv festgesetzt werden.
Ob die Abgabebelastung mit den Steuern wirklich zu hoch ist kann ich nur schwer beurteilen. Schnell mal einen brutto-netto Rechner Steuerklasse 1 gegoogelt und bei 1600 Euro brutto bleiben 1125 Euro netto. Das wäre also zu verdienen was bei einem Mindestlohn um die 10 Euro (ich hab 160 Stunden pro Monat gerechnet) übrigbleibt. Das finde ich eigentlich nicht so wenig. Bei 3200 monatlich – was ich für ein durchaus schon relativ gutes Einkommen halte – bleiben auch noch 1940 Euro. Davon müsste man doch leben können, oder?
Eine ganz andere Überlegung (vielleicht Milchmädchenrechnung):
Bei einem Mindestlohn von 1600 brutto pro Monat würden 1 Million Arbeitsplätze die der Staat schafft letztendlich doch nur diese Nettoausgaben von 1125 * 12 * 1Mio = 13 Milliarden haben – die Sozialabgaben etc. laufen ja irgendwie „zurück“.
Wärs da nicht besser wenn statt der restriktiven Personalpolitik im öffentlichen Dienst wieder mehr Aufgaben bestzt würden? Das geht von Kinderbetreuung über Altenpflege bis zu Unmengen an diversen Aufgaben in den Kommunen, die anscheinend nun alle nicht erledigt werden können.
Nun meine Milchmädchenrechnung:
Derzeit haben wir 6,5 Millionen Harz IV Empfänger die laut Internetangaben 50 Milliarden kosten.
Schaffen wir 3,25 Millionen Arbeitsplätze mit 1600 brutto pro Monat, dann haben wir 25 Milliarden an Ausgaben für Harz IV und ca. 44 Milliaren an (Netto)Ausgaben für die neuen Beschäftigten. Und dafür haben wir aber 3 Millionen Menschen die jedes Monat 1125 Euro ausgeben können. Das sind 40 MILLIARDEN Kaufkraft die da auftreten. Das müsste doch zu einer Verbesserung des gesamten Wirtschaftsystemes Deutschlands führen.
Das ist nun sicher nicht ganz richtig aber Krankenkasse und Sozialabgaben hab ich ja schon „weg“ weil ich da die Nettolöhne berücksichtige – Mieten sind irgendwie nicht berücksichtig.
@seeblog: Hättest Du mal Interesse (und das Wissen, ich fürchte ich allein hab da zu simple Vorstellungen – oder schick eine Mail und wir versuchen es zusammen) ernsthaft zu versuchen durchzurechnen, was dabei herauskommen würde, wenn der Staat 3 Millionen Arbeitsplätze zu 10 Euro Mindestlohn schafft? Ob das nicht wirklich letztendlich besser wäre als 6,5 Millonen Harz IV Bezieher unterhalten zu müssen? (Die Aufstocker müssten aber auch irgendwie besser berücksichtigt werden – die passen derzeit in meine simple Rechnung da oben nicht hinein).
Ich fänd ein solches Szenarium eigentlich wirklich denkenswert.
@Bernd:
Ich glaube auch nicht, das tatsächlich sehr viele ins Ausland abwandern. Das sind nur die Serien im Fernsehen die das vermitteln wollen.
Der Aspekt der hohen Steuerbelastung ist auch nicht von der Hand zuweisen, bezüglich „Arbeit muss sich lohnen“. Beim Brutto schaut es ja oftmals noch ganz gut aus, beim Netto dann oftmals nicht mehr. Deshalb kann ich nur den Heute-Journal Bericht empfehlen – siehe Bericht oben – Nachtrag.
Auch die Aussage der Arbeitsministers (NRW) zu Hartz IV Abzocker war ziemlich gut. Ich denke nämlich auch, das sind nur ein paar Prozent von den ganzen Sozialhilfeempfänger und nicht die Masse.
Tja, man sieht eben doch einen gewaltigen Reformbedarf – auch wenn das Wort Reform nicht immer so positiv augenommen wird.
Und diese „Praktikanten“ die es nun auch in der Schweiz gibt, zeigen dass natürlich jede Möglichkeit ausgenützt wird um Kosten zu sparn.
Ich bin überheupt kein Feind einer liberalen „freien“ Marktpolitik – aber ich bin absolut davon überzeugt, dass zum wirklichen Funktionieren da auch ganz klare Grenzen vom Staat festgelegt werden müssen. Das heisst eben auch vernünftige Mindestlöhne. Es wird immer jemanden geben, der bereit sein wird für 10% weniger Gehalt zu arbeiten – und wie man in Deutschland an den Aufstockern sieht geht dies ganz einfach, man findet genug Leute. Da gibts keine „Revolution“ gegen eine derartige Praktik..
Aber ich glaube fast, dass dies eigentlich auch politisch gewollt ist. Man kann aufstocken und damit kann man irgendwie (schlecht) überleben und ist „ruhiggestallt“. Mir wärs lieber dieses Aufstocken würde völlig unterbunden. Wer definitv NICHT mehr vom Billigehalt leben kann wird dann nicht mehr für ein paar Euro pro Stunde arbeiten gehen. Und wenn die „Billigsarbeitskräfte“ nicht mehr zur Verfügung stehen dann muss der Unternehmer eben zusperren (wird er kaum tun) oder eben angepasste Löhen zahlen. Auch das ist funktionierende Marktwirtschaft. Und ob wirklich sooo viel dann ins Ausland abwandert wage ich wirklich zu bezweifeln.
Jedenfalls möchte ICH nicht dadurch mit China konkurrieren müssen, das ich mit dem selben Geld auskommen muss.
@ Christian:
Genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Westerwelle soll bitte mal erklären wie diese Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, incl. einem soliden Grundgehalt (aber biite deutlich über Hartz IV). Aber in dieser Debatte geht es vermutlich überhaupt nicht um den Sozialstaat, sondern um Wählerstimmen, genau wie bei Koch.
Genauso bescheuert ist es eine Schattenwirtschaft mit Arbeitslosen aufzubauen, die wiederum solide Betriebe ins trudeln bringen – da diese ja vernünftige Löhne bezahlen. Also stellt man lieber 1 Euro Jober ein. Blöde Geschichte – aus der man schwerlich wieder rauskommt.
Inzwischen habe ich den Original-Artikel von Westerwelle, der die aktuelle öffentliche Diskussion ausgelöst hat, mal bei der WELT recherchiert und fand ihn nicht sonderlich hetzerisch oder herabwürdigend:
https://www.welt.de/debatte/article6347490/An-die-deutsche-Mittelschicht-denkt-niemand.html
Eines der Hauptprobleme ist in meinen Augen die in die Mode gekommene Aufstockerei, d.h. die Beschäftigung von Arbeitnehmern zu extrem niedrigen Dumping-Löhnen, die sich dann trotz eines Vollzeit-Jobs noch für Sozialleistungen anmelden müssen, um über die Runden zu kommen – ein Problem, zu dem sich Westerwelle aber leider auch nicht äußert…
@Bernd
Vielen Dank für den Kommentar. Vollkommen richtig was Du schreibst, Die neoliberalen Politik war schon lange vor Schröder, deshalb sehe ich hier die Anfangsursache, aber es hat sicherlich noch jede Menge anderer Ursachen..
Ich würde behaupten, wenn genügend und vernünftig bezahlte Arbeitsplätze vorhanden wären, würde sich die Anzahl der Hartz IV Empfänger senken und hier liegt die Grundproblematik. Dass sich Leistung lohnen soll sehe ich als normal an. Aber wenn die Löhne auf Hatz IV Niveau liegen, fragt sich jeder Arbeitswillige ob es nicht bequemer ist zu Hause zu bleiben. Kann man schliesslich auch verstehen.
Zur Zeit sehe ich bei vielen Firmen in der Schweiz eine ähnliche Entwicklung, keine Niedriglöhne – dafür aber werden qualifizierte Praktikanten (Vollzeit) für 1000.- CHF (ca. 700 Euro) eingestellt. Vertragszeit 3 Monate bis zu einem Jahr, dann kommt der nächste.
Rein Wirtschaftlich macht das Sinn, denn hier kann man die meisten Kosten sparen und das sind nunmal die Lohnkosten. Führt aber irgendwann ins Desaster.
Ich bin mir nicht so sicher ob wir heute, wie oben gesagt „die Auswirkungen dieser neoliberalen Politik“ sehen. Harz IV war meines Erachtens ein Schröder Projekt, das vielleicht gut gedacht war aber nun anscheined wirklich zu enormen Problemen führt. Wenn ich höre dass 6,5 Millionen Harz IV den Anspruch nützen (so weit ich weiß führt dies zu Ausgaben von 50 Milliarden Euro) und dabei etwas über 40 Millionen „normale“ Gehaltsempfänger existieren dann finde ich dieses Verhältnis erschreckend und ich glube schon, dass hier etwas geschehen muss.
Dass Westerwelle hier natürlich nur die Seite der „Kostensenkung“ sieht war eigentlich zu erwarten.
Was ich bisher noch nie wirklich herausfinden konnte ist, ob nun Harz IV tatsächlich für Arbeitslose eine „echte Alternative“ zu Arbeit ist. Den Medien kann man wohl kaum trauen wenn sie immer wieder aufzählen wie viel Familien in Harz IV mehr Geld kriegen als es durch Arbeit möglich wäre. Dennoch bleiben eben Bilder im Kopf wie: Wer nach der Schule keien Stelle kriegt, zieht von zu Hause aus und kriegt Harz IV – oder eben Zahlen von 2000 Euro die an Sozialanspruch für 5 köpfige Familien durch die Medien geistern (sind da Mieten eigentlich dabei?)
Das erzeugt natürlich ein Bild eines Sozialstaates der sehr großzügig ist bzw. durch ausreichende Zahlungen versucht soziale Spannungen zu verringern.
Dass Harz IV leider auch den Weg in die Billigstlöhne durch die Aufstockungsmöglichkeit deutlich erleichtert hat finde ich auch kontraproduktiv. Die Unternehmen freuts – und der Staat verliert immer mehr an Einahmen und muss für sämtliche Sozialausgaben bis hin zur Rente für diese Billigstverdiener wieder aufkommen.
Ich fürchte, dass hier in Zukunft noch enorme Probleme auf uns zukommen werden – und die Absichten die da derzeit von der FDP angesprochen werden führen meines Erachtens garantiert zu keiner Lösung.
Derzeit wird der Weg ins Billiglohnland weitergeführt und ein Versuch über Mindestlöhne die Spirale wider nach oben zu drehen wird ja von allen Regierungsparteien völlig ausgeschlossen.
@ Christian:
Klar ist die „Endlösung“ total überzogen. Überspitzte Darstellungen provozieren und das ist auch gut so.
Hartz IV kommt auch nicht von der FTP – ist richtig. Doch der Wegbereiter war der neoliberale Gedanke.
Eigentlich sollte der letzte Satz „Zum guten Schluss …“ die provokante Sichtweise das überzogene auflösen. Scheint mir dann doch nicht gelungen zu sein. ;-)
* deshalb verweise ich mal darauf.
Der Zusammenhang mit der „Endlösung“ ist nun aber arg konstruiert. Hartz IV-Kritik in allen Ehren, aber weder ist Hartz IV auf dem Mist der FDP gewachsen, noch ist Hartz IV die unmittelbare Vorstufe zum Arbeitslager oder zur Deportation. Was Westerwelle allerdings vergisst ist, dass er als Außenminister einen gewissen Abstand zum innenpolitischen Tagesgeschäft bewahren sollte…