documenta-Werk nach Unwetter eingestürzt

Ein kurzes Unwetter brachte „Template“ des chinesischen Künstlers Ai Weiwei am Mittwoch in Kassel zum Einsturz. Der zwölf Meter hohe Holzturm besteht aus Türen und Fenstern alter Häuser, die dem Bauboom in China zum Opfer gefallen sind. Er will seine Installation nicht wieder aufbauen lassen. „Das ist besser als vorher“, sagte der 50Jährige. Das Werk zeige jetzt auch, dass die Natur immer wieder für Überraschungen gut sei. „Jetzt wird die Kraft der Natur sichtbar. Und Kunst wird durch solche Emotionen erst schön.“

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Das sehen auch viele Menschen in den USA wo Tornados ganze Häuser zerstören oder war der Tsunami ein Kunstwerk? Wahrscheinlich würde der Künstler auch ein gutes künstlerische Statement vorbringen, wenn der Blitz eingeschlagen hätte und das ganze Ding verbrannt wäre. „Dieser Aschehaufen symbolisiert die Vergänglichkeit, es ist definitiv viel besser als vorher.“ Es gibt gottseidank für jedes Ereignis eine wunderbare Erklärung. Noch mehr Aufsehen hätte es sicher gegeben, wenn der Turm auf eine Menschengruppe gestürzt wäre. Sicher ist das sehr sarkastisch und dramatisch – aber warten nicht viele darauf das Kunst und der menschliche Tod miteinander verbunden wird. Noch gibt es eine kleine Grenze zu dem Tabuthema, aber irgendwann wird auch diese Grenze überschritten. Dann wird der Selbstmord als ein Kunstakt zelebriert. Ein Künstler der seinen Namen der Nachwelt erhalten will und jemand muss es als erster machen. Der Erfolg kommt posthum, aber das wäre ja nichts neues.

documenta-Chef Roger Buergel, sah den Einsturz als „nur konsequent“. „Auf der einen Seite ist das eine relative Katastrophe, auf der anderen Seite lassen die Trümmer jetzt jede Menge Assoziationen zu. Und genau das will Kunst ja: Anregen“, sagte Buergel. Der Einsturz sei nicht ganz überraschend gewesen. „Die Statiker hatten gesagt, dass es Probleme geben könnte, deshalb war das Werk nicht zugänglich und so gebaut, dass es nicht auf die Ausstellungshalle stürzen konnte.“

Das ist Buergel live – wieder mal eine geniale Aussage! Dann wäre es nur als konsequent anzusehen, wenn eine ganze Horde Menschen die documenta verwüsstet, das wäre der anregende Teil um neue Assoziationen zu schaffen. Oder wie soll man solche Aussagen, „Kunst will anregen“ verstehen. So wenig wie ein Unwetter kontrollierbar ist, sind es auch Menschen in einem Ausnahmezustand. Buergel ein Unwetter? Die Welt bewegt sich und deshalb ist sie ein Kunstwerk? Dann scheint jeder Krieg auch ein künstlerischer Akt zu sein.

Am Donnerstag, nur Stunden nach dem Einsturz, wollte ein Käufer „Template“ begutachten. Ai Weiwei zeigte sich dennoch optimistisch: „Der Preis hat sich soeben verdoppelt“, sagte er nach dem Einsturz lachend.

Echt super! Und das klappt auch noch garantiert. Schöne neue Welt. Aber wieso in aller Welt nur das doppelte?

Documenta XII kontra Documenta XIII

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Für die Documenta gab es Vorschusslorbeeren ohne Ende. Jede Menge so-genannter Kritiker, die alles inhalierten, was Documenta-Leiter Roger M. Buergel aushaucht, zu seinen Vorträgen ehrfurchtsvoll ankrochen und seine Worthülsen empfingen wie Moses die zehn Gebote. Ein paar Infos ausgespuckt und alles wird dann hochstilisiert durch die Medien zum absoluten Kunstereignis. Eunuchen an die Macht, den sie wissen wie es geht! Die Realität ist dafür umso nüchterner. Was wie durchdachte geistige Kunstspielerei aussah, entpuppte sich als leeres Kunstgebäude inhaltlich gefüllt mit tiefster Hohlheit.

Mittlerweile habe ich einige Dokumentationen über die Documenta in Kassel gesehen. Die Aussagen der Künstler haben mich, gelinde gesagt unangenehm überrascht. Ich bekomme das Gefühl nicht los, dass Banalitäten immer mehr zu Ruhm kommen. Wie die zwei Chinesen, die ein Schild hochhalten mit einem Spruch wie „Deutschland ist kein schönes Land“.

Oder die documenta-Künstlerin Lotty Rosenfeld ist «entsetzt» über die Zerstörung eines ihrer Kunstwerke. «Ich bin persönlich wirklich verletzt. Es ist ein Akt der Gewalt und ich fühle mich missachtet». Einen Tag zuvor waren die weissen Aufkleber, mit der sie Fahrbahnmarkierungen in Kreuze verwandelt hatte, von der Kasseler Stadtreinigung entfernt worden. Aber vielleicht hätte es ohne Stadtreinigung keiner mitbekommen, gut das sie so gründlich waren – jetzt kann man sich wenigsten ins Rampenlicht bringen und den berühmten moralischen Zeigefinger hochhalten – „ein Kunstwerk wurde zerstört“.

Deshalb hatte ich auch eine Zeitlang das Problem mich als Künstler zu bezeichen. Denn wer nicht in die Psychiatrische Anstalt eingeliefert werden möchte, muss betonen das er Künstler ist. Dann kann man auch bedenkenlos mit seinen Exkrementen malen und oder wie der chilenische Künstler Marco Evaristti, Fleischbällchen im abgesaugten Körperfett anbraten und einen Bericht in der NZZ bekommen.
Die Künstler waren schon immer Vorreiter unserer Gesellschaft und ich merke mit erschrecken das dies stimmt. Mittlerweile interessiert mich der Kunstmarkt, die Künstler, die Gesellschaft – deren Verknüpfung mit der Welt und dessen Eigendynamik mehr als die Malerei. Ich habe immer mehr Lust über die Künstler Kunst zu machen, denn der Künstler jenseits von selbstkritischen Grenzen sind heute das Kunstwerk mit dem man sich auseinandersetzen muss.

Ist das nicht alles bedenklich? Oder ist das der fortgeschrittene Weg einer Gesellschaft in die Dekadenz und der Untergang der Hochkultur. Andere sind ja auch ausgestorben, ich denke nicht, das man das der Kunst alleine ankreiden kann. Fehlt mittlerweile sogar der kleinste Funken Selbstkritik? Die Kunst hat es vor Jahren aufgezeigt und heute zeigen uns die Manager und Politiker wohin der Weg ohne Selbstkritik führt. Doch die Kunst ist schon wieder ein Stück voraus.

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Als Gegenprojekt habe ich die Documenta XIII in Mannenbach ins Leben gerufen. Zu sehen unter: www.euregio-bodensee.ch/news/documenta-xiii-mannenbach.html.

Das ist der Vortest für die grosse Documenta – das nächstes Mal sollte man die gesamte Schweiz als Kunstprojekt einbeziehen. Bitte nicht falsch verstehen, Kunst ist ja mittlerweile überall und da die Schweiz noch Grenzen besitzt kann man dort das Kassenhäuschen einrichten – fürs banale Eintrittsgeld.