Aktienhändler rücksichtsloser als Psychopathen

boersenguru.jpgWas wir alle schon immer vermuteten und ohne die Universität schon längst herausgefunden haben:

„Börsenmakler tun einer Studie zufolge alles, um erfolgreicher zu sein als ihre Konkurrenten. In einem Vergleich mit Psychopathen schnitten sie noch egoistischer ab.“

Das Timing der Studie ist perfekt: In einer MBA-Arbeit an der Universität St. Gallen haben Thomas Noll und Pascal Scherrer das Verhalten von 27 professionellen Tradern untersucht, die hauptsächlich bei Schweizer Banken, aber auch bei Rohstoffhändlern und Hedge-Funds arbeiten.
Sie taten das in einer Art und Weise, die den direkten Vergleich der Resultate mit einer existierenden Studie an 24 Psychopathen in deutschen Hochsicherheits-Kliniken und einer Kontrollgruppe von 24 «normalen» Personen ermöglichte. Die Ausgangs-Hypothese war, dass sich Trader in einem Gefangenendilemma-Computerspiel ähnlich rücksichtslos, egoistisch und unkooperativ wie Psychopathen verhalten würden – dabei aber eine deutlich bessere Performance erzielen. Quelle: NZZ

Weiterlesen: NZZ – Destruktive Dynamik im Handelsraum

Dazu der sehr passende Artikel vom 27. September 2011: Ein Börsenhändler packt aus – „Ziel ist es, aus der Krise richtig Geld zu machen“ oder
„Goldman Sachs regiert die Welt“ (welt.de)
Die böse Beichte eines Börsianers (stern.de)
Der ehrliche Spekulant bekennt sich zu seinem Hobby  (Financial Times Deutschland)

Könnte aber auch ein Hoax sein – Rastani ist kein echter Börsenhändler, sondern ein Mitglied der Guerrilla-Gruppe «The Yes Men». Die Organisation ist bekannt dafür, dass sich ihre Mitglieder als «Experten» ausgeben und in seriös wirkenden Interviews völlig überspitzte Aussagen machen. Und wenn es so wäre oder alles nur ein Fake war, passt das Interview aber trotzdem sehr gut zum Leitartikel! ;-) Denn die Aussage des Berichts kann man fast jeden Tag sehen.

Update: Die Aktion sei zwar «eine meisterhafte Performance» gewesen, doch Alessio Rastani gehöre nicht zur Organisation. «Yes Man» Andy Bichlbaum erklärt sich in einer kurzen Stellungnahme auf seiner Webseite einverstanden mit Rastanis Aussagen und lässt dem Leser die Freiheit, zu vermuten, dass seine Gruppe sehr wohl hinter einer solchen Aktion stehen könnte. Lesenswert: 5 Aktionen, um die Welt zu verbessern
Rastani ist ein aggressiver Selbstvermarkter, er betreibt eine Web-Seite, auf der er sich selbst als „erfahrenen Aktienhändler“ anpreist. Er hat ja nicht neues gesagt, oder?

YES WE CAN
Aber seien wir doch ehrlich, wen verwundert dies? Sicher gibt es auch ganz andere Bereiche in der Wirtschaft, wo dieses Ergebnis ähnlich sein könnte. Es ist der Zeitgeist unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Wie würde das Ergebnis dieser Studie wohl bei Politikern aussehen?

So zum Beispiel?
Politiker haben eine Wahrnehmungsstörung. Eine Wahrnehmungsstörung ist eine Störung in der Verarbeitung von Sinneseindrücken im Zentralnervensystem. Wahrnehmungsstörungen im engeren Sinne liegen dann vor, wenn das verlässlichste Umweltorientierungssystem – das Spüren, die Verbindung der Sinnessysteme untereinander oder die geordnete Abfolge von Sinnesreizen betroffen sind. Man unterscheidet zwischen taktil-kinästhetischer, intermodaler oder serialer Wahrnehmungsstörung. Beispiel: Dass man nach der Finanzkrise 2008 an eine Rückkehr zur Normalität geglaubt hat, sei nicht nur naiv gewesen, sondern zeugt von einer Wahrnehmungsstörung.

Riskmanagement im Factoring und die Wirtschaftsblase

Die Finanzblase und die Auswüchse, aktuell ist aber die Wirtschaftsblase. Factoring hat sich als alternative Finanzierungsform etabliert, da die Banken den Geldhahn zugedreht haben und lieber an der neuen Spekulationsblase bauen. Fast jedes zweite Unternehmen klagt über mangelnde Verfügbarkeit von Krediten und schlechtere Konditionen. Denn viele Unternehmen, die den Abschwung überlebt haben, müssen aufpassen, dass der Aufschwung nicht zur eigentlichen Gefahr wird, falls dieser falsch finanziert wird oder gar nicht finanziert werden kann.

Besonders die mittelgrossen Firmen versuchen sich vermehrt mit Factoring über Wasser zu halten, also Forderungen abzutreten. Aber die Rückversicherer versichern nicht gegen Betrug und somit haben die Unternehmen, die Full-Factoring oder selektiertes Factoring betreiben, meist das Nachsehen. Wie heisst es so schön: Die Auslagerung des Debitorenmanagements ermöglicht mehr Freiraum für unternehmerische Aktivitäten und eben auch mehr Möglichkeiten für Betrug.

Besonders die Firmen mit grossen Liquiditätsproblemen, die auf Factoring angewiesen sind, werden immer erfinderischer. Das beginnt mit gefälschten Lieferscheinen, Verträgen, Forderungen und beschönigten Bilanzen. Also alles sehr perfekt aufgebaut – die elektronische Datenverarbeitung macht’s möglich.

Wie betrügt man eine Factoringgesellschaft?
Wer denkt, dies wäre einfach zu durchschauen, irrt sich gewaltig. Sogar die Telefonnummern der bestätigten Lieferscheine werden so perfekt verschleiert, dass bei einem Kontrollanruf beim Schuldner/Unternehmen, ob die Ware geliefert wurde, auf die Nummer des Lieferanten (der Betrüger selbst) umgeleitet wird. Der meldet sich dann als Schuldner/Unternehmer – er hat ja die weitergeleitete Telefonnummer auf dem Display – und bestätigt den ordnungsgemässen Eingang der Lieferung.

Hier geht es nicht um Kleinbeträge, sondern Rechnungen im sechsstelligen bzw. siebenstelligen Bereich. Da die Zahlungsziele mittlerweile zwischen 60 bis 120 Tage liegen, versuchen die Firmen in diesem Zeitraum ihre Zahlungsunfähigkeit zu überbrücken – manchmal endet dies in der Insolvenz. Somit fliesst auch die vorgestreckte Finanzierung in die Insolvenz, der Factorer kommt dann selten an sein Gels, da es ja in der Konkursmasse ist. Wohl dem Factorer, der bei diesem Spiel das nötige Glück hat und somit die „Rechnung“ aufgeht. Dann ist ja alles in Ordnung – der Betrug fällt nicht auf.

Aber setzt sich der Lieferant mit dem ganzen eingesammelten Geld in das Ausland ab, dann ist es weg. Dieses Spiel wird meist parallel mit mehreren Factoringunternehmen gestartet – somit entstehen Ausfälle in mehrstelligen Millionenbeträgen. Das ist dann der gross angelegte Betrug.

Kein Factorer gibt zu, wie heikel mittlerweile die Lage ist. Besonders kleine Factorer kommen in`s Schleudern – denn auch hier droht dann Insolvenz. Aber auch grosse Banken sind betroffen.

Beispiel:
Henkel-Mitarbeiter sollen durch falsche Rechnungen 45 Millionen Euro von Factoringgesellschaften eingesammelt haben. Sie sollen so genannte Scheinrechnungen auf gestohlenem Henkel-Briefpapier erstellt und als echte Forderungen verkauft haben. Hierdurch hätten die Factoringgesellschaften einen Schaden erlitten – sie haben praktisch Luft gekauft.

Beim Plüschtier-Hersteller Nici aus Altenkunstadt in Nordbayern, der Insolvenz anmeldete, ist seit Jahren in großem Stil kriminell gewirtschaftet worden. Nach ersten Erkenntnissen der Strafverfolger hat Pfaff seit dem Jahr 2000 mindestens 40,5 Millionen Euro für Nici ergaunert, indem er Geschäfte mit Grossabnehmern vortäuschte. Pfaff veräusserte Scheinrechnungen für die nur auf dem Papier ausgelieferte Nici-Ware an Factoringgesellschaften, die sich vornehmlich im Besitz von Banken befinden.

Und die Schuldner?
Auf der anderen Seite sind immer mehr Schuldner absolut zahlungsunfähig. Diese Zahlungsausfälle sind zwar durch die Rückversicherer gedeckt – doch auch die Rückversicherer ziehen sich immer mehr aus diesem mittlerweile gefährlichen Geschäft zurück oder verlangen hohe Prämien.

Es ist erschreckend, wenn man die Zahlen der Bilanzen von KMU oder auch Grossbetrieben sieht. Hier wird getrickst, was das Zeug hält. Ein eher witziger Fall ist, wenn ein Betrieb seine Firmendomain auf 800.000 CHF bewertet – natürlich unauffällig in der Bilanz verankert, so dass es auf den ersten Blick nicht auffällt, ansonsten wäre der Geschäftsabschluss nicht gerade noch eine kleine schwarze Zahl gewesen. In der Schweiz kann man bedenkenlos eine Absichtserklärung über einen Kredit über ein paar Millionen deponieren, optimal für die Bilanz – das Unternehmen das eigentlich Insolvenz anmelden müsste ist dann nicht mehr überschuldet.

Die Grossbanken machen es nicht anders, nur mit staatlichem Segen. So werden Swaps (Ein Credit Default Swap – CDS), sie sind ein Kreditderivat zum Handeln von Ausfallrisiken von Krediten, Anleihen oder Schuldnernamen zu Kursen bewertet, die absolut unrealistisch sind um die Bilanz zu beschönigen.  Tatsächlich sind die so bewerteten CDS keine Milliarden wert, sondern besitzen nur noch den Papierwert.

Auch die staatlichen Zuschüsse erzeugen Blasen: Solon, der Hersteller von Solarmodulen, ist 2009 infolge des Preisverfalls in der Branche und der Finanzkrise tief in die Verlustzone gerutscht. Besonders stark getroffen wurde Solon zudem vom Markteinbruch in Spanien infolge der Kappung der staatlichen Solarförderung.

20 – 35% der Unternehmen schrammen knapp an der Insolvenz entlang, zumindest sagen das die (internen) Bilanzen aus. Kein Unternehmen gibt zu, dass es ihm wirtschaftlich nicht gut geht. Ansonsten würde man ja zukünftige Geschäfte in Frage stellen. Deshalb heisst die Devise, wir haben volle Auftragsbücher. Ich spreche hier hauptsächlich vom Mittelstand in Deutschland und der Schweiz.

Schweiz: Im Januar 2010 wurde über insgesamt 481 im Handelsregister eingetragene Unternehmen der Konkurs eröffnet. Das entspricht einer Zunahme von 38% gegenüber dem Januar 2009.
Deutschland: Im Jahr 2009 stieg die Anzahl der Unternehmen, die Insolvenz anmelden mussten, um elf Prozent an. Damit bestätigte sich die Prognose der Hamburger Wirtschaftsauskunftei BÜRGEL für 2009. Auch für 2010 wird eine deutliche Zunahme der Insolvenzzahlen prognostiziert.

Künstliche Blasen überall: gezielte PR-Kampagnen, um die Firma gut aussehen zu lassen, vollmundige Versprechen über Grossaufträge und die Hoffnung, die dürren Zeiten irgendwie zu überbrücken. Da der Mensch meist dem Geschriebenen oder den Versprechen glaubt und definitiv nicht den gesunden Menschenverstand einschaltet, kann man davon ausgehen, dass noch eine gewaltige Insolvenzwelle auf uns zukommt. Ich behaupte, der Dominoeffekt, der dadurch entsteht, lässt die vorherige Finanzkrise eher lächerlich erscheinen.

Und zum guten Schluss – Riskmanagement in der heutigen Zeit, in der auch noch Personal gespart wird, wird der Betrüger äusserst erfinderisch ist und da der Rechtsweg unendlich lange dauert, hinkt man immer den Ereignissen hinterher. Zeit ist Geld, einer der geflügelten und wohl dümmsten Sprüche der Menschheit birgt gewaltige Risiken.

Kunstprojekt „Wirtschaft“
So gesehen, erscheint mir das ganze Wirtsschaftsystem mit ihren Akteuren als grosses Kunstprojekt. Man hat mit vielen kreativen Menschen zu tun, ok – sie haben alle einen Anzug an, sind schicker gekleidet als die meisten Künstler – aber das ist nunmal die Berufskleidung. Sind sehr gute Rethoriker, können sich bestens verkaufen (sind ja auch gute Verkäufer ) und haben grosse Visionen (Profit). Die meisten Künstler haben nur Visionen (Nonprofit). Sie schaffen durch ihre Phantasie eine Art Schatten-Realität in der sie eine Zeitlang leben und mehr oder weniger verdienen können, hinterher kommt die andere Realität – die harte Realität. Ähnlich wie die Wirtschaft zur Zeit.

Alle machen mit. Die Vision „Luft“  erscheint real wenn sie gut verkauft wird, Marketing-  und Werbetechnisch gut ausstaffiert, hohe Renditen verspricht und schon schaffen wir eine neue Realität. Nicht das es verwerflich wäre, so tickt nunmal die Welt. Wir sind alle dabei, die Mitarbeiter und Angestellten. Unbewusst und immer an das Gute glaubend. Die Masse braucht den Arbeitsplatz. Ein Teufelskreis.

Besonders bei den wirtschaftlichen Berechnungen oder Finanzplanungen zukünftiger Entwicklungen (neues Bilanzjahr, Budgetierung, …) kann man sehr kreativ sein. Denn Wachstumskurven zeigen ausschliesslich nach oben, wie sollte es auch sein – wir reden nunmal vom Wachstum, ja sogar vom unbegrenzten Wachstum. Wenn man Zukunftsprognosen aufstellt, die schon rein vom gesunden Menschenverstand als falsch erkannt werden, dieses Wachstum nie eintreffen wird – dann wird in der Zukunft genau diese falsche Berechnung Grundlage für alle weiteren Berechnungen sein – eigentlich der absulute Irrsinn. So läuft es in unserer Wirtschaft – zur Zeit eben einiges extremer, da wir uns ja auch in einer extremen Zeit befinden. Hat man „Schwein gehabt“ schafft man die wirtschaftliche Talsohle, ansonsten knallt man gegen die Wand. Es lebe die Blase!

Wie ein vernünftiges Riskmanagement aussehen soll vermittelt die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht):
Mindestanforderungen an das Risikomanagement

4,3 Milliarden Verlust auf die UBS-Schrottpapiere

Noch immer sitzt die Nationalbank auf Risikopositionen im Umfang von 24,1 Milliarden Dollar aus der Rettungsaktion der Grossbank UBS. Der Betrag ist für die Schweizer Wirtschaft noch immer bedrohlich hoch. 4,1 Milliarden Dollar ist nach wie vor ein enormer Betrag. Er entspricht rund 5 Prozent des Schweizerischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

SNB-Risiko noch bei 24 Milliarden Dollar
Das Totalrisiko der Nationalbank beläuft sich theoretisch – falls die Papiere den ganzen Wert verlören – auf 24 Milliarden Dollar, da die SNB noch 4 Milliarden für Eventualverbindlichkeiten übernehmen müsste.

Aber es gibt noch andere, die Probleme haben – die Engländer. Aber ehrlich gesagt, welcher der überschuldeten Staaten hat keine Probleme – die Industrienationen sind pleite.

Briten als Schuldenkönige
Londons Schuldenvolumen gibt Anlass zur Sorge, denn die Briten sind die Schuldenkönige der G20-Staaten. Infolge der Finanzkrise hat sich das britische Defizit – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – fast verdoppelt. Die Schulden Italiens stiegen dagegen lediglich um 20 Prozent. Blicken die Briten nach Griechenland, können sie sich alles andere als auf die Schultern klopfen. Londons Verschuldung beträgt in diesem Jahr 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – etwa so viel wie beim Pleitekandidaten Hellas.

2009 wurde fleissig an der neuen Finanzblase gearbeitet
Durch den Einbruch am Gewerbeimmobilienmarkt in den USA drohen Kreditausfälle in Milliardenhöhe. Tausende US-Banken könnten das Problem auf die gesamte amerikanische Wirtschaft übertragen. Es drohen den US-Banken in den kommenden Jahren Ausfälle gewerblicher Immobiliendarlehen in Höhe von 200 bis 300 Milliarden Dollar. Insgesamt – so eine Analyse des COP – stehen in den Vereinigten Staaten von 2010 bis 2014 solche Kredite mit einem Volumen von etwa 1,4 Billionen Dollar zur Anschlussfinanzierung an. Beinahe die Hälfte dieser Darlehen steht nach Angaben des COP bereits jetzt „unter Wasser“, sprich, die Kreditsumme übersteigt den gegenwärtigen Wert der Immobilie. Die neue Krise abzuwenden, wird schwer; einige meinen, gar unmöglich.

Da hilft wohl nur der eigene Tresor, Sparstrumpf und das liebe alte Gold. Doch auch die Inflationsgefahr scheint weiter zu steigen, also doch lieber den eigenen Kartoffelacker bewirtschaften. Denn jeder weiss: „Geld kann man nicht essen“.