Stellensuche – total frustriert, nur Absagen?

Keine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten? Absagen ohne Ende? Für die ausgeschriebene Position sind Sie fachlich geeignet. Dennoch kommen Sie nicht in die engere Wahl. Entweder Sie wurden gar nicht persönlich in Augenschein genommen oder nach dem Bewerbungsgespräch folgte eine knappe Absage. Klar kommt nach der hundertsten Absage das Gefühl auf, man hat versagt und die Resignation macht sich breit.

Doch in der heutigen Zeit erscheint oftmals die Stellenanzeige aus einem anderen Grund. Das Unternehmen sucht überhaupt nicht nach einem neuen  Mitarbeiter – es ist nur eine Strategie des Überlebens. Denn viele Betriebe stecken in der Kreditklemme oder gar knapp vor einer Insolvenz. Seit 2008 nehmen die Insolvenzen rapide zu, 2010/2011 wird sie vermutlich den Höhepunkt erreichen – wenn nicht noch ein Finanzdesaster dazwischen kommt.

Der andere Aspekt sind die Arbeitsvermittler, diese machen es in der gleichen Art wie die Firmen. Denn es gibt mehr Arbeitssuchende als Stellenanzeigen. Oftmals werden alte Anzeigen einfach einen Monat wieder ausgeschalten, teils ohne Rücksprache mit den Unternehmen. So geschehen mit einer Stellenanzeige, wo ich mich selbst (direkt beim Unternehmen) beworben habe und ich die Stelle auch bekommen habe, Wochen später fand ich bei 3 verschieden Arbeitsvermittlern (Headhunter) die gleiche Anzeige wieder, als Vakant gemeldet.

Die Taktik oder Marketingstrategie – so tun, als läuft es prima. Pressemitteilungen werden lanciert, um von vollen Auftragsbüchern zu berichten, Stellenanzeigen werden geschaltet, neue positive Informationen werden auf die Webseite gestellt, um den Eindruck eines gesunden, wachsenden Unternehmens zu vermitteln. Das hat auch seinen guten Grund, denn die meisten Unternehmen brauchen Liquidität und um diese zu bekommen, wird ein gesunder Betrieb nach aussen vermittelt. Dies ist auch notwendig, denn viele warten auf den irgendwann passierenden Aufschwung und versuchen jetzt in der Talsohle zu überleben.

Auf diese Taktik habe ich schon beim Bericht „Riskmanagement im Factoring und die Wirtschaftsblase“ hingewiesen.

Würden Sie einem Unternehmen, um das es nicht gut bestellt ist, die nötige Liquidität geben? Vermutlich nicht. Es lässt sich daher leichter das nötige Kapital beschaffen, wenn man ein anderes, positives Bild vorgaukelt. Man hat es ja bei den Banken gelernt. Das gleiche Prinzip auf dem Arbeitsmarkt – würden Sie bei einem Unternehmen arbeiten, das in einigen Monaten eventuell gegen die Wand fährt?

Auf dem Schweizer Arbeitsmarkt gibt es jede Menge dieser Stellen-Placebos.

Wenn man langfristig den Arbeitsmarkt beobachtet, stellt man fest, dass ein Teil dieser Unternehmen ihre Stellenanzeigen alle 2 bis 3 Monate neu ausschreiben. Augenfällig auch die Anforderungen an den potentiellen Bewerber – die Stellenprofile scheinen oftmals unerfüllbar. Hat man die Möglichkeit, hinter die Kulissen solcher Unternehmen zu blicken, stellt man schnell eine Diskrepanz zwischen Stellenangebot und wirtschaftlicher Realität fest. Das Unternehmen muss nach aussen einen positiven Eindruck, Stabilität und Wachstum erwecken – das geschieht auch mithilfe des Arbeitsmarktes. Diese Strategie ist in unserer Gesellschaft äusserst wichtig und die Unternehmen in Schwierigkeiten haben keine andere Wahl.

Beispiel der Komplexität: – Unternehmen A bekommt einen Grossauftrag für ein neues Produkt von Unternehmen B. Das zu erwartende Geschäft benötigt 30 neue Mitarbeiter, diese Struktur muss vor dem Auftrag geschaffen werden. Also werden die Stellenanzeigen geschaltet. Inzwischen geht aber Unternehmen B in den Konkurs, weil Unternehmen C – der Abnehmer – auch Zahlungsschwierigkeiten und einen enormen Umsatzrückgang hat.

Nun versucht Unternehmen A, das nun selbst knapp vor der Insolvenz steht, so zu tun, als wäre alles bestens. Das Unternehmen lässt die Stellenanzeigen schalten und macht sich auf die Suche nach einem neuen Grossauftrag.

Den Rest kann sich ja jeder denken. Aber nicht die Unternehmen sind verantwortlich an der Lage, in der sie sich gerade befinden. Es sind die Verursacher der Finanzkrise – die Banken. Diese bekamen zusätzlich billiges Geld von den Notenbanken oder vom Staat und haben diese Liquidität nicht an die Unternehmen weitergegeben. Im Gegenteil, sie haben den Unternehmen sogar den Geldhahn zugedreht und mit diesem Geld die neue Blase aufgebaut. Das nennt man dann Kreditklemme.

Deshalb an alle Stellensuchende: Lasst Euch nicht frustrieren, Ihr seid nur ein Spielball der Marketingstrategien und Scheinwelt. Die wirtschaftliche Blase? – mit viel Glück schrumpft sie beim nächsten wirtschaftlichen Aufschwung von selbst wieder. Der Grossteil der Stellenangebote stammt von soliden und guten Unternehmen – leider lässt sich nicht so leicht feststellen, welche Unternehmen ihre Stellenangebote wirklich ernst meinen und welche nicht. Risiko gibt es überall.

[Update Oktober 2013]
Es hat sich seitdem auf dem Arbeitsmarkt absolut nichts verändert im Gegenteil, Placebostellenanzeigen haben zugenommen.

„Die wirtschaftliche Blase? – mit viel Glück schrumpft sie beim nächsten wirtschaftlichen Aufschwung von selbst wieder.“  Wir haben keinen Aufschwung zu erwarten, sondern nur den des Finanzmarkt, der sich aufbläht und die Lage zusätzlich verschlechtert.

Die Anforderungsprofile der Personalchefs

Schwindeln bei der Bewerbung erlaubt?

Zahl der Bewerbungen verfünffacht sich innerhalb von drei Jahren!
Die Bewerber verschicken heute fast fünf mal so viele Bewerbungen wie noch vor drei Jahren. Erstaunlich ist der hohe Zeitaufwand der Stellensuchenden von rund 50 Minuten pro Bewerbung, ihr Gegenüber benötigt für die erste Vorauswahl pro Bewerbung nur 2-3 Minuten im Auswahlverfahren. Andere Personalchefs sogar weniger als zwei Minuten – Tendenz fallend, wie ein Vergleich des Zeitaufwands für das erste Vorsortieren mit der Zahl der eingehenden Bewerbungen pro Tag zeigt. Nimmt die Zahl der pro Tag eintreffenden Bewerbungen von 5 auf 30 zu, so verkürzt sich die durchschnittliche Zeitspanne der Vorauswahl von 5 auf 3 Minuten.

Die Umstellung von Papier auf digitale Bewerbungen verführt manche Bewerber zu Lässigkeiten. Die Personalchefs bemängeln die fehlende Medienkompetenz der Bewerber, das hat sich in den letzten drei Jahren kaum verbessert: Schlechte Formatierung, Monsterdateien einer Größe von mehreren Megabyte, schlecht strukturierte Unterlagen und zu viele einzelne Anhängsel in so allerhand Dateiformaten. Besser wäre eine einzige Acrobat-PDF-Datei mit allen Zeugnissen und eine weitere für den ausführlichen Lebenslauf, doch damit wird das Attachment wiederum zu groß – und dann wird doch eine passwortgeschützte Online-Bewerbungsmappe notwendig.

Personalchefs ziehen festere Saiten auf
Offen bleibt die Frage, warum die Stellensuchenden 50 Minuten Zeit pro Bewerbung aufwenden? Verfassen sie etwa jedes Mal einen neuen Lebenslauf? Grund genug hätten sie, denn im Zuge der andauernden Wirtschaftskrise reagieren viele Personalchefs mit einer härteren Gangart und bohren bei kurzen Verweilzeiten von bis zu einem halben Jahr immer häufiger nach; zudem wüssten sie gern, warum genau ein Bewerber die Firma wechseln muss.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht haben sie jedoch kein Recht, mehr Fakten zu erfahren, als in den Zeugnissen steht, schon gar nicht die Gründe für einen Stellenwechsel. Welcher Bewerber würde sich jemals selbst belasten und von sich aus zugeben, dass die im Arbeitgeberzeugnis erwähnte betriebsbedingte Kündigung doch eher verhaltensbedingt war?

Was wollen die Firmen wirklich von den Bewerbern? (Cartoon von Borer-Cartoon)

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Stellenprofile oft unrealistisch

Sicherlich ist es Ihnen schon so ergangen: Ihnen gefällt eine Stellenanzeige, doch manche Anforderungen treffen so gar nicht auf Sie zu. Sollten Sie sich dennoch bewerben?

Mehr als die Hälfte der deutschen und schweizer Bewerber empfindet die Anforderungen von Unternehmen an potenzielle Mitarbeiter als unerreichbar. Daher müsse man sich auch auf Jobs bewerben, auf die das persönliche Profil nicht hundertprozentig passt, ergab eine aktuellen Umfrage.

Demnach schicken 26 Prozent ihre Bewerbung auch dann an Unternehmen, wenn ihrer Meinung nach nur etwa die Hälfte der Anforderungen zutrifft. Nur 8 Prozent der Befragten bewerben sich ausschließlich dann, wenn ihr Profil haargenau auf die ausgeschriebene Stelle passt. Besonders kritisch zeigen sich die Schweizer Arbeitnehmer: 76 bzw. 64 Prozent stufen die Anforderungen der Unternehmen als unerreichbar ein und bewerben sich daher auch auf Jobs, die nicht genau ihren Qualifikationen entsprechen.
In der Schweiz kommt noch dazu, das man gerne Referenzen angibt, damit sich der Personalchef mit dem ehemaligen Vorgesetzten in Verbindung setzt. 71 – 82 Prozent der Referenzen haben keinen „objektiven“ Hintergrund. Sie sind eher als Gefälligkeit für den Stellensuchenden zu verstehen.

„Die grossen Firmen haben mittlerweile verlernt eine massvolle, soziale und realistische Personalsuche umzusetzen. Das Raster das auf die Bewerber angesetzt wird, ist eigentlich nur willkürlich“ – so Prof. Becker vom IFA-Institut.

Man könnte meinen wie in Second Life einem virtuellen Spiel im Internet, baut die Wirtschaft eine virtuelle Wirklichkeit auf, die wenn sie lange genug propagiert wird, schliesslich zur Realität wird. Und jeder muss sich dann an die Spielregeln halten – jeder muss schwindeln.

Die Wahrheit?
Unter keinen Umständen beweisbar lügen, jedoch brauchen sie nicht freiwillig alle Aspekte nennen, die gegen sie sprächen, beispielsweise eine bereits ausgesprochene Arbeitgeberkündigung vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Endete das erste Arbeitsverhältnis nach der Ausbildung schon nach wenigen Monaten, so ließe es sich einfach aus dem Lebenslauf streichen – falls das nicht die Lohnsteuerkarte verrät – oder als Überbrückungstätigkeit umdeuten, der spätere Arbeitgeber wollte den Bewerber eben erst zum genannten Datum einstellen, was ja letztlich stimmt. „So lügen Sie nicht, sondern schwindeln bloss“!

Das Anforderungsprofil wird zunehmen
Heute sollte die einfache Sekretärin möglichst Englisch, Französisch und Italienisch in Wort und Schrift beherrschen, SAP und … Jede Menge Weiterbildungen vorweisen können und dabei nicht zu alt sein. Manchmal fragt man sich was den Personalchefs, die in ihrem Elfenbeinturm sitzen, durch den Kopf geht. Gesucht wird die eierlegende Wollmilchsau – aha, jetzt wissen wir es. Aber das genügt heute nicht mehr – sie soll auch tauchen und fliegen können. Na dann, wenn schon unrealistische Bedingungen gestellt werden, darf man auch unrealistisch Bewerbungsunterlagen abgeben. Wie erwähnt – schwindeln ist erlaubt – aber machen sie es so gut dass es nicht auffällt! Das ist sogar eine Empfehlung einiger Headhunter (Arbeitsvermittler) und Human Resource Managern.

Ein kleiner Zusatz für Stellensuchende – bewusst lügen ist Betrug! Wenn sie angeben, sie könnten perfekt Englisch und haben tatsächlich keine Ahnung, das nennt man Selbstbetrug.

Für die Personalchefs heisst das zukünftig, immer mehr Bewerber werden ihre Bewerbungsdossiers in Form von Massenmails an die Personalabteilung schicken. Dadurch wird sich der Druck um noch unrealistischere Stellenprofile auszuschreiben zunehmen, dadurch nimmt der Druck auf die Arbeitnehmer noch mehr zu. Und diese können sie nur durch ein vieles an Bewerbungen kompensieren, denn jeder will einen Arbeitsplatz. Wohin das führt kann man sich ausrechnen. Den Verantwortlichen in der Geschäfts- und Personalabteilung ist das wohl nicht bewusst.

Auch eine Wahrheit
Traurig aber wahr. Da ich nun einige Gespräche mit Personalchefs von mittleren Betrieben und Konzernen hatte, kommt die bittere Wahrheit ans Licht. Es geht zum Teil nur um die Höhe des Lohns. Man schraubt die Anforderungsprofile so hoch, dass sie keiner erreichen kann, beim Bewerbungsgespräch wird dann mitgeteilt, das man in der engeren Auswahl wäre und man eine Chance bekommen würde, leider mit Abschlägen beim Lohn weil man ja nicht das Anforderungsprofil erfüllt. Schliesslich drückt die Firma sozial wie sie ist, ein Auge zu und man bekommt eine Chance. Da freut sich aber der Arbeitnehmer – eine so tolle Firma, die auch noch so kulant ist. Die Firma bekommt einen billigeren Arbeitnehmer für ihr tatsächliches Anforderungsprofil.
Wie gesagt, dies ist nur ein ein Teilaspekt – nicht alle Unternehmen agieren so.

Nochmals: Lügen sie nicht und übertreiben sie nicht Ihre Qualitäten – denn dies lässt sich schon bei ihrer neuen Stelle nach einer Woche überprüfen. Ausser sie sind ein ausgemachter Schleimer, dann haben sie sicher Erfolg – für diese Personengruppe gibt es einen sehr guten Link: Das begehbare Darmmodell

Auch ich muss Arbeitnehmer einstellen und muss mit grossen Erstaunen feststellen – auf dem Arbeitsmarkt gibt es kaum den optimalen Mitarbeiter, zumindest in dem Bereich wo ich sie rekrutiere. Die Zeugnisse sagen überhaupt nichts aus und die Qualität des Mitarbeiters lässt sich damit selten überprüfen. Ich versuche meinen gesunden Menschenverstand zu benutzen, um ein Gespür für den Bewerber zu bekommen, ein paar nette Fangfragen um zu überprüfen ob alles zusammenpasst und dann gibt es noch die Probezeit. Ich denke nach einem Monat kann man beurteilen ob der neue MitarbeiterIn etwas taugt, bezüglich seiner Qualifikation gelogen hat oder nicht. Erfahrungen sind der beste Ratgeber.

Doch einen wichtigen Aspekt will ich nicht unterschlagen, der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin muss zum Team, Unternehmen passen – lieber vom Anforderungsprofil abweichen (Downgrade) und einen netten und sympathischen MitarbeiterIn einstellen. Denn ein gutes Arbeitsklima ist der entscheidendste Faktor – das fördert die Leistung der Mitarbeiter ungemein.