Die Buergel-Maschine und die rauchende Kartoffel von Michael Prax

Originaltext: www.hanebuechlein.de/exot/buergelmaschine/

Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Das erfährt derzeit auch Roger Martin Buergel, der einen Riesenhaufen Kunst, 1001 Chinesen und ein Reisfeld nach Kassel geholt hat und den Kram jetzt erklären muß, weil er leichtfertig „Dialog mit den Besuchern“ in sein Ausstellungskonzept geschrieben hat. Keine leichte Aufgabe, nicht einmal für einen kampferprobten Diskursritter wie Buergel.

Um den Kurator der documenta 12 ein wenig zu entlasten, haben wir viele seiner brisanten Einlassungen („ein Möglichkeitsraum, der nach Akteuren sucht“) gesammelt und katalogisiert. Den Buergelschen Zitatenschatz vom „weichen Raum“, „Migration der Form“ und anderes Schwerschwadronatentum haben wir dann mit renommiertem Kunstfeuilleton aufgefüllt und kräftig durchgeschüttelt. In den EXOT-Laboratorien haben Wissenschaftler daraus die völlig neuartige „Buergelmaschine“ kreiert.

Mit „Buergelmaschine“ lässt sich im Handumdrehen jegliche Kunst erklären. Ohne lästige Wartezeiten und ohne unangenehmes Hochschulstudium generiert „Buergelmaschine“ eine passgenaue Analyse jeden Kunstwerks. Leicht, verständlich und in gerechter Sprache.

Das passt hervorragend zu dem Artikel den ich vor ein paar Tagen geschrieben habe: „Braucht Kunst eine Kunstsprache“?

Die rauchende Kartoffel von Michael Prax

kartoffel.jpgMit einem repräsentativen Blick auf das aktuelle Kunstgeschehen verlangt Michael Prax, die Schlagkraft der Zeichen zu aktivieren und den Auftrag zur Erziehung als unmissverständlich politische Dimension der Bewußtseinsbildung zuzuführen. Ausgangspunkt der leisen und differenzierten Arbeit „Die rauchende Kartoffel“ ist die Chance einer allumfassenden öffentlichen Debatte.

Der Wasserkriecher

wasserkriecher.jpg In den losen Assoziationsmustern der Formenwanderung glaubt Michael Prax, eine neue ästhetische Erfahrung zu fixieren und den globalen Prozeß als platonische Ikonophobie lesbar zu machen. Messianisches Thema der leisen und differenzierten Arbeit „Wasserkriecher“ ist das Versagen des Bildungsbürgertums.
Der Text ist doch genial! Es lebe die Buergel-Maschine!

Braucht Kunst eine Kunstsprache?

kunstsprache.jpg
 
Reden über Kunst – nichts als Luftblasen?
Wenn ich Kunstbesprechungen oder Kritiken lese raucht einem schon mal der Kopf. Wenn die Elite der Kunstmacher und Kritiker zu Wort kommen, muss ich mich des öfteren fragen, ob sie selbst verstehen was da von sich gegeben wird. Nicht nur das ich ein Fremdwörterlexikon brauche, sondern machmal verstehe ich nicht mal um was es da eigentlich geht. Wurde eine eigene Kunstsprache entwicklelt die keiner mehr versteht?

Ich beobachte es oft bei den Reden oder Vorträgen auf Vernissagen – alle nicken ehrfurchtsvoll wenn der Redner seine hochgeistigen Ergüsse von sich gibt. Hinterher wenn man die Kunstbesucher im persönlich Gespräch fragt, was sie davon verstanden haben, kommt meistens ein Achselzucken. Frägt man genauer nach, kommt ein entschuldigendes lächeln mit den Worten „der Professor hat in seiner Rede seine eignene Sprache und Ansicht“. Aber keiner will sich die Blösse geben beim Kunstspiel. Will man als dumm und als Kunstbanause dastehen? Lieber klatscht man Beifall, weil schliesslich jeder klatscht. Braucht Kunst eine Kunstsprache? Braucht Kunst nur diese Elitesprache der Elite willen und deren Inhalt nur gut getarnte Worthülsen sind.

Anscheinend schon, sie ist oftmals wie die Verpackung eines simplen Kunstwerkes. Je einfacher das Kunstwerk desto ehrgeiziger und hochtrabender die Rede. Sogar bei vielen Kunsttexten erwische ich viele dieser bekannten Redewendungen, man hat das Gefühl jeder schreibt vom anderen ab und garniert es mit einem zusätzlichen hochgeistigen Erguss. So wird es immer extremer und oftmals habe ich den Verdacht das auch diese Elite nicht mehr ganz versteht was sie da macht. So wird der Kunstdialog zum undefinierten Kunstsprachbrei, zu einer eigenständigen automatischen Kunstsprache erhoben. Diese Kunsttexte könnten genauso von einem Computer erstellt werden aus verschiedenen Phrasenstücke der Reden oder Vorträge.

Mich erinnert das an ein Beispiel wo ein Museumsleiter erklärte „man hat extra einen Raum leergelassen, ohne Kunst – damit man den Unterschied zur Kunst sieht“. Mein Kommentar dazu „das ist für mich geistiges Onanieren“. Das hatte mir natürlich ziemlichen Ärger eingehandelt, aber ich stehe dazu. Denn wenn Abwesenheit von Kunst so wichtig ist, das man die Kunst überhaupt erkennen kann – dann … Die Rede aber selbst war so hochkompliziert, weil man ein paar MDF-Platten mit Bohrlöchern als Kunst deklariert hat und wie soll man die mit einfachen Worten erklären. Das macht schliesslich keinen Eindruck auf die Mueseumsbesucher.

Ich bin überzeugt das eine gute anspruchsvolle Rede ein Kunstverständnis transportieren kann, vielleicht gehöre ich nicht dazu. Aber im Stil eines guten Artikels, wie sie oft in der Zeitschrift „Die Zeit“ zu finden sind – verständlich in der Sprache, stilistisch perfekt und journalistisch anspruchsvoll und man kann das geschriebene noch nachvollziehen.

Die Rolle der Kunst – die Chinarolle?

rolle.jpg
 
Am Freitag war ich bei einem Freund der ein Möbelhaus in Konstanz besitzt. Dort zeigte er mir Kunst aus Dänemark. Alles Unikate, so um die 80 x 80 cm, dicker Keilrahmen, Leinwand gut aufgespannt. So auf den ersten Blick sehen die Bilder nicht mal schlecht aus. Gute Kunst – schlechte Kunst, wer will das heute noch definieren. Der Preis lag so um die 130 Euro. Wird von Chinesen gemalt und in einem grossen Container dann nach Dänemark geschifft.
Bei dem Preis bekommt der Chinese so um die 2 Euro, dann noch die Transportkosten, der Vertrieb, das Material und jeder verdient noch ziemlich gut daran. Wahnsinn oder?

Ich würde behaupten das ich für so ein Bild ca. 30 – 40 Minuten brauchen würde, nach 10 Bildern/Unikaten vermutlich nur noch 20 Minuten. Dazu braucht man dann so einen Vertrieb wie diese Dänische Firma die viele Möbelhäuser beliefert. Dann kann man es voll auf Masse machen – Qualität ist kein Kriterium, sondern der günstige Preis und es ist auch noch ein Unikat. Kunst für die Massen?

Wäre ich jetzt ein Mantafahrer mit Frisöse als Freundin (so als Beispiel) würde mir sicher das Dänisch-Chinesische Unikat zusagen. Diese Bilder kann man dann getrost nach ein paar Jahren in den Müll werden und die nächsten Bilder passend zu Wohnungseinrichtung kaufen. Ist das dann noch Kunst oder sind wir da bei Dekoration angelangt die zur Kunst erhoben wird? Nur weil es ein Unikat ist wird es nicht wertvoller. So gesehen ist auch jeder Kuhfladen ein Unikat. Na dann – kann ja die neue Chinesische Schnellkunst auf uns zurollen und überrollen.

Wie bewegt man sich heutzutage als Künstler am besten zwischen Massenkunst und documenta?

Exzessiv und die Wut die entsteht wenn man nicht malen kann

Mein Künstlerkollege, dessen Namen ich nicht erwähnen darf, gab in einer Gesprächsrunde seinen künstlerischen Prozess zum Besten. Seine wichtigsten Sätze zusammengefasst: „Mir muss es richtig dreckig gehen oder ich muss eine Stinkwut haben und dann saufe ich mich total zu, dann nehme ich irgendeinen Pinsel oder egal was ich zu greifen bekomme und rotze die Farbe auf die Leinwand, ich schau auch nicht mal richtig hin welche Farbe das ist, wenn`s richtig geil ist beim Malen, onaniere ich noch auf die Leinwand, dann kommt mein Servus darunter und gut ist es – und irgendein Arsch wird mir dann das abkaufen“.

Nicht schlecht! Er war schon ein wenig angetrunken, aber das exzessive liegt ihm schon sehr – ist eben eine andere Art zu malen als ich. Schade das er nur uns es erzählt und es nicht bei einer Vernissage preisgibt. Ich kann mir vorstellen bei einem gewissen Publikum kommt das gut an. Oder sollte man da vorher lieber schon eine gewisse Bekanntheit haben?

atelier_1.jpgDie Wut die entsteht wenn man nicht malen kann – das Gegenteil der Malwut
Weil der heutig Tag (nicht nur der heutige) für mich mit einem leichten Wutausbruch begann, kam mir genau dieses Gespräch in den Sinn. Am heutigen Tage konnte ich ziemlich gut nachvollziehen – wenn man sich so auslebt. Denn ich kann zur Zeit meine Kreativität nicht ausleben – der Stau der Kreativität macht aggresiv! Mein Atelier, das mir sowieso schon zu klein ist, ist hoffnungslos vollgestellt. Ich weiss nicht wohin mit den Sachen, also kann ich nicht spontan malen und das macht mich wahnsinnig. Vermutlich bin ich dann vom impulsiven Malakt meines Kollegen nicht sehr weit entfernt – zumindest nicht beim ersten Bild – falls es überlebt. Die ursprüngliche Idee war, dass ich erstmal draussen meine Kunst weiterführen wollte (Lichtobjekte im Garten, einen neuen Kunstfilm), habe aber meine Liebe und Sucht zur Malerei sträflich unterschätzt. Aber ich bin auf der Suche nach einer Lösung. Die liegt definitiv in einem grösseren Raum – der bezahlbar ist und nicht zu weit weg von meiner Wohnung ist. Hohe Ansprüche eben!

Aber … vielleicht liegts ja auch am Wetter. Und der übliche Sprung am Morgen direkt nach dem Aufstehen ins Wasser, war auch sehr erfrischend – der See ist gut durchgemischt – also kalt!

Unscharf, die Kuh auf dem heiligen Rasen und die Kunstpilger

hut.jpg
  
Unscharf fand ich das nach den Fotos mein Hut verloren ging. Ganz neu und nicht ganz billig. Aber im Wasser kommen mir immer die besten Ideen, deshalb auch die vielen Fotos rund ums Nass und im Wasser. Scharf dagegen waren die Fotos die ich heute von den neuen Lichtobjekten (Feb. und März) gemacht habe. Endlich kommen sie ins Internet – vermutlich sind sie Ende der Woche drinnen.
Zum anderen fiel mir zur documenta etwas neues ein, vielleicht auch deshalb weil ich gestern im Fernsehen die Aktion mit den Sandhäusern auf Langeoog gesehen habe. Hier ging es um Vergänglichkeit – ein sehr interessantes Thema. Die Flut schluckte die ganzen Sandhäuschen, ich glaube es waren an die 3500. Noch dazu war die ART-Basel der ich gerne fernbleibe, die Besucherzahlen schnellen in die Höhe – die Massen konsumieren Kunst. Wohl bekommts.

Die Wallfahrt zur Kunst
Diese ganze Kunstpilgerei scheint ja mittlerweile ein Volkssport zu sein. Ich komme aus der Nähe eines Wallfahrtsortes in Bayern. Deshalb kenne ich diese ganze Pilgerei, machmal grenzt es schon an Pilgerwahn – eben der KUNSTpilgerwahn. Menschenmassen die sich Kunst reinziehen wie andere Drogen oder Religion. Immerhin ist Kunst ungefährlich – ausser es stürzt etwas ein, aber dann wird es eher teuerer als gefährlich.

Der grossen Kunst-Event oder Kühe an die Macht (Tränke der Macht)
Kuh.jpgMan sollte ein paar hundert Kühe auf den heiligen Rasen eines grossen Fussballstadion treiben und dann können von den Rängen die Kunstpilgerer denen bein Schei**** zuschauen.
Das ganze als Aktionskunst deklarieren und … hochgeistige blablabla von sich geben – und das geht so:

Die Kühe auf den Rasen repräsentieren die Gesellschaft der Kunstpilgerer und Wallfahrer der Kunst. Muhend und vor sich hingrasend bewegt sich die Kuhmasse in einem genau definierten räumlichen Gebiet, der Fussballplatz als Nabel der Welt – eine grosse Kunsthalle. In der Mitte steht eine Kuhtränke – nicht einfach eine Kuhtränke – sondern eine künstlerisch definierte Kuhtränke. Man sieht zwar keinen Unterschied zu einer normalen Kuhtränke, aber man will ja das Publikum das an die documenta gewöhnt ist nicht überfordern.

Die Kühe arrangieren sich um diese Kuhtränke und wenn eine davon trinkt, erscheint auf dem grossen Stadiondisplay die Worte „Wasser = Leben“ und es ertönt aus dem Stadionslautsprecher das Geräusch einer Toilettenspülung.
Künstlerisches Statement: „Zum einen wird unterstrichen wie unsere Gesellschaft unverantwortlich mit der Ressource Wasser umgeht und zum anderen zeigt es die Kunstpilgerer die aus der Tränke der Kulturschaffenden getränkt werden. Schon zu kompliziert?“

Und was passiert wenn eine Kuh scheisst?
Entschuldigt den Ausdruck, aber ich denke bei einer Kuh kann man das so sagen. Dann erscheinen die Worte „Transformation“ und als Audiounterstützung „Tor und Jubel“ (alternativ: „Kunst kommt von können“) – man ist ja schliesslich in einem Fussballstadion. Zusätzlich ist die Unterstützung eines mobilen Videoteams nötig, um die ganzen Aktionen der Kühe visuell festzuhalten und es realtime auf die grosse Videoleinwand zu projizieren. So mit Zeitlupe und allem drum und dran – wie bei einem Fussballspiel. Mit den zig Wiederholungen der gleichen Szene von verschiedenen Seiten – so wird der Akt des Auswurfs des Kuhfladens (schön umschrieben, oder?) zum medialen Ereignis.

Irgenwann muss noch gemolken werden. Vielleicht kann man dazu auch Prominente gewinnen – ich wäre für Stefan Raab und Dieter Bohlen – nicht seitlich melken wie normal, sondern hinter dem Schwanz. Restrisiko muss sein! Denn die heutige Kunst ist schliesslich auch mit einem Restrisiko der Beliebigkeit verhaftet.
Den Haupteil der Kühe dürfen dann die Kunstpilgerer melken – Kunst hautnah, als direktes Kunsterlebnis. Das Euter als Kunstobjekt! Plastikeuter als Franchiseartikel würden dann der Renner sein. Limitierte Auflage und Handsigniert von mir. Greifen sie zu – das Kunst-Euter von Michael Prax!

Die Medien werden es fressen wie die Kühe das Gras und schon schaut die ganze Welt dorthin. Ich hoffe keiner klaut mir die Idee. Vor allem – sie ist genial ausbaufähig.

documenta-Werk nach Unwetter eingestürzt

Ein kurzes Unwetter brachte „Template“ des chinesischen Künstlers Ai Weiwei am Mittwoch in Kassel zum Einsturz. Der zwölf Meter hohe Holzturm besteht aus Türen und Fenstern alter Häuser, die dem Bauboom in China zum Opfer gefallen sind. Er will seine Installation nicht wieder aufbauen lassen. „Das ist besser als vorher“, sagte der 50Jährige. Das Werk zeige jetzt auch, dass die Natur immer wieder für Überraschungen gut sei. „Jetzt wird die Kraft der Natur sichtbar. Und Kunst wird durch solche Emotionen erst schön.“

unwetter.jpg

 
Das sehen auch viele Menschen in den USA wo Tornados ganze Häuser zerstören oder war der Tsunami ein Kunstwerk? Wahrscheinlich würde der Künstler auch ein gutes künstlerische Statement vorbringen, wenn der Blitz eingeschlagen hätte und das ganze Ding verbrannt wäre. „Dieser Aschehaufen symbolisiert die Vergänglichkeit, es ist definitiv viel besser als vorher.“ Es gibt gottseidank für jedes Ereignis eine wunderbare Erklärung. Noch mehr Aufsehen hätte es sicher gegeben, wenn der Turm auf eine Menschengruppe gestürzt wäre. Sicher ist das sehr sarkastisch und dramatisch – aber warten nicht viele darauf das Kunst und der menschliche Tod miteinander verbunden wird. Noch gibt es eine kleine Grenze zu dem Tabuthema, aber irgendwann wird auch diese Grenze überschritten. Dann wird der Selbstmord als ein Kunstakt zelebriert. Ein Künstler der seinen Namen der Nachwelt erhalten will und jemand muss es als erster machen. Der Erfolg kommt posthum, aber das wäre ja nichts neues.

documenta-Chef Roger Buergel, sah den Einsturz als „nur konsequent“. „Auf der einen Seite ist das eine relative Katastrophe, auf der anderen Seite lassen die Trümmer jetzt jede Menge Assoziationen zu. Und genau das will Kunst ja: Anregen“, sagte Buergel. Der Einsturz sei nicht ganz überraschend gewesen. „Die Statiker hatten gesagt, dass es Probleme geben könnte, deshalb war das Werk nicht zugänglich und so gebaut, dass es nicht auf die Ausstellungshalle stürzen konnte.“

Das ist Buergel live – wieder mal eine geniale Aussage! Dann wäre es nur als konsequent anzusehen, wenn eine ganze Horde Menschen die documenta verwüsstet, das wäre der anregende Teil um neue Assoziationen zu schaffen. Oder wie soll man solche Aussagen, „Kunst will anregen“ verstehen. So wenig wie ein Unwetter kontrollierbar ist, sind es auch Menschen in einem Ausnahmezustand. Buergel ein Unwetter? Die Welt bewegt sich und deshalb ist sie ein Kunstwerk? Dann scheint jeder Krieg auch ein künstlerischer Akt zu sein.

Am Donnerstag, nur Stunden nach dem Einsturz, wollte ein Käufer „Template“ begutachten. Ai Weiwei zeigte sich dennoch optimistisch: „Der Preis hat sich soeben verdoppelt“, sagte er nach dem Einsturz lachend.

Echt super! Und das klappt auch noch garantiert. Schöne neue Welt. Aber wieso in aller Welt nur das doppelte?

Documenta XII kontra Documenta XIII

sinn.jpg
  
Für die Documenta gab es Vorschusslorbeeren ohne Ende. Jede Menge so-genannter Kritiker, die alles inhalierten, was Documenta-Leiter Roger M. Buergel aushaucht, zu seinen Vorträgen ehrfurchtsvoll ankrochen und seine Worthülsen empfingen wie Moses die zehn Gebote. Ein paar Infos ausgespuckt und alles wird dann hochstilisiert durch die Medien zum absoluten Kunstereignis. Eunuchen an die Macht, den sie wissen wie es geht! Die Realität ist dafür umso nüchterner. Was wie durchdachte geistige Kunstspielerei aussah, entpuppte sich als leeres Kunstgebäude inhaltlich gefüllt mit tiefster Hohlheit.

Mittlerweile habe ich einige Dokumentationen über die Documenta in Kassel gesehen. Die Aussagen der Künstler haben mich, gelinde gesagt unangenehm überrascht. Ich bekomme das Gefühl nicht los, dass Banalitäten immer mehr zu Ruhm kommen. Wie die zwei Chinesen, die ein Schild hochhalten mit einem Spruch wie „Deutschland ist kein schönes Land“.

Oder die documenta-Künstlerin Lotty Rosenfeld ist «entsetzt» über die Zerstörung eines ihrer Kunstwerke. «Ich bin persönlich wirklich verletzt. Es ist ein Akt der Gewalt und ich fühle mich missachtet». Einen Tag zuvor waren die weissen Aufkleber, mit der sie Fahrbahnmarkierungen in Kreuze verwandelt hatte, von der Kasseler Stadtreinigung entfernt worden. Aber vielleicht hätte es ohne Stadtreinigung keiner mitbekommen, gut das sie so gründlich waren – jetzt kann man sich wenigsten ins Rampenlicht bringen und den berühmten moralischen Zeigefinger hochhalten – „ein Kunstwerk wurde zerstört“.

Deshalb hatte ich auch eine Zeitlang das Problem mich als Künstler zu bezeichen. Denn wer nicht in die Psychiatrische Anstalt eingeliefert werden möchte, muss betonen das er Künstler ist. Dann kann man auch bedenkenlos mit seinen Exkrementen malen und oder wie der chilenische Künstler Marco Evaristti, Fleischbällchen im abgesaugten Körperfett anbraten und einen Bericht in der NZZ bekommen.
Die Künstler waren schon immer Vorreiter unserer Gesellschaft und ich merke mit erschrecken das dies stimmt. Mittlerweile interessiert mich der Kunstmarkt, die Künstler, die Gesellschaft – deren Verknüpfung mit der Welt und dessen Eigendynamik mehr als die Malerei. Ich habe immer mehr Lust über die Künstler Kunst zu machen, denn der Künstler jenseits von selbstkritischen Grenzen sind heute das Kunstwerk mit dem man sich auseinandersetzen muss.

Ist das nicht alles bedenklich? Oder ist das der fortgeschrittene Weg einer Gesellschaft in die Dekadenz und der Untergang der Hochkultur. Andere sind ja auch ausgestorben, ich denke nicht, das man das der Kunst alleine ankreiden kann. Fehlt mittlerweile sogar der kleinste Funken Selbstkritik? Die Kunst hat es vor Jahren aufgezeigt und heute zeigen uns die Manager und Politiker wohin der Weg ohne Selbstkritik führt. Doch die Kunst ist schon wieder ein Stück voraus.

docu2007.jpg
 
Als Gegenprojekt habe ich die Documenta XIII in Mannenbach ins Leben gerufen. Zu sehen unter: www.euregio-bodensee.ch/news/documenta-xiii-mannenbach.html.

Das ist der Vortest für die grosse Documenta – das nächstes Mal sollte man die gesamte Schweiz als Kunstprojekt einbeziehen. Bitte nicht falsch verstehen, Kunst ist ja mittlerweile überall und da die Schweiz noch Grenzen besitzt kann man dort das Kassenhäuschen einrichten – fürs banale Eintrittsgeld.

Kunst für die Ewigkeit?

Mir ist schon klar das in einem Kunstwerk viel Herzensblut drinnen steckt. Aber wäre eine Zerstörung nicht auch ein künstlerischer Akt. Wir leben in einer Zeit wo versucht wird alles zu konservieren. Warum nicht mal einen anderen Weg gehen. Derjenige der ein Bild oder Skulptur erwirbt zerstört es am Lebensende – wäre doch auch mal ein Aspekt.

Muss man immer alles für die Ewigkeit schaffen?

suppe.jpgZum Beispiel die „Campbell`s -Suppendose“ vom Supermarkt, signiert von Andy Warhol. Bei manchen reagiert der Inhalt mit dem Metall der Dose und die droht zu explodieren. Fachleute haben da ja mehrere Möglichkeiten – ist die Dose ohne Inhalt dann noch eine Kunstwerk von Warhol? Oder lässt man sich absolut teuere Methoden einfallen um sie zu retten. Wäre es nicht besser das Geld in neue Kunstobjekte zu investieren.

Ich finde diese Konservierungs- und Erhaltungshysterie mittlerweile für sehr bedenklich. Wenn man sich ansieht was an neue Kunst anfällt. Wird dann der Restaurator zum neuen Zukunftsberuf? Warum das Werk über dessen normalen Zerfalls erhalten? In 100 Jahren muss man grosse Lagerstätten bauen um den ganzen „Kultur-Müll“ zu erhalten, archivieren, verwalten und konservieren. Ist das der richtige Weg?

Was hat der Künstler nach seinem Tod davon?

Natürlich nichts mehr.

Ich ertappe mich oft selbst dabei, wie ich versuche etwas für die Ewigkeit zu manifestieren. Angefangen von der besten Auswahl der Leinwand, den Farben usw. – wie lange muss mich denn das Kunstwerk überdauern? Im Prinzip kann es mir ja nach meinem Tod ziemlich egal sein was daraus wird. Hauptsache zu meinen Lebzeiten blättert die Farbe nicht ab und um da sicher zugehen, gebe ich noch einen Zuschlag auf ein paar hundert Jahre.

Die Berühmtheit nach dem Tode hat noch keinem geholfen, oder geht es Van Gogh jetzt besser – weil er so berühmt ist. Schade das man ihn nicht fragen kann, hat er sich Gedanken gemacht wie seine Kunstwerke überdauern? Das ganze spielt sich doch nur im Kopf ab, es hat mit der Realität nichts zu tun.

Und da gibt es noch die Kunstwerke, die ich so behütete und darauf aufpasste wie auf kein anderes – leider gibt es auch Murphys Gesetz und eine kleine Unachtsamkeit wirkt sich dann so fatal aus, dass dabei das Bild zerstört wurde. Vergänglichkeit ist überall.

Aber nach dem Schmerz der Verlustes, desto mehr die Chance das die Kreativität sich in eine andere Richtung neu entfaltet. Viele hatten sich beklagt das ich oftmals gute Bilder, auch manche die im Kunstkatalog abgebildet sind, übermale. Stimmt, denn aus dem guten möchte ich ein sehr gutes machen, davon abgesehen mache ich es nicht so oft wie manche meinen. Es reizt mich keine Masse zu schaffen, sondern immer wieder zu überprüfen ob es dem jetztigen Zustand von mir entspricht und ich mit meiner subjektiven Anspruch zufrieden bin und ich habe gelernt loszulassen

Empirischen Kulturwissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Am Mittwoch den 13. Juni besuchten und interviewten mich 2 Studenten der Empirischen Kulturwissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Sie schreiben zu einem dreisemestrigen Studienprojekt zum Thema „Einheit in der Vielfalt. Rhetorik und Praxis grenzüberschreitender Regionen: Der Bodenseeraum“.

Es war ein sehr interessantes Gespräch mit den beiden. Schade das sie ihre Badesachen nicht dabei hatten. Wäre nach dem interessante Interview noch eine gute Abkühlung geworden – für die Zurückreise nach Tübingen. Kommunikation ist eine der wichtigsten Pfeiler der Kunst – zumindest für mich.

Die neue Kunstgrenze in Heiligendamm – eine andere Betrachtung

Jeder kennt den Zaun um Heiligendamm, da dachte ich mir, die Kunstgrenze in Konstanz habe ich schon von verschiedenen Seiten beleuchtet, ob da nicht irgendwelche Parallelen zu Heiligendamm sind. Dabei ist mir folgendes auf- und eingefallen.

Es scheint das Beispiel Konstanzer Kunstgrenze regt andere Künstlern zu neuen Ideen an. Die Bundesregierung betätigt sich nun als Künstler und schafft eine Konkurrenz zur Kunstgrenze in Konstanz.
Nur das die Kunstgrenze auf deutschen Boden steht, sie will aufzeigen wie die Machtverhältnisse von Politik und Bürger verteilt sind. „Mit Tarot haben wir nichts zu tun“, so ein Sprecher der Bundesregierung. Sie kostete schlappe 12,5 Mio. Euro. Die Bundesregierung will die Kunstgrenze als ein temporäres Kunst-Event verstehen.

Zwei Unterschiede weisen die beiden Kunstgrenzen auf. In Konstanz wurde die Kunstgrenze über eine Stiftung finanziert, sie wurde der Stadt Konstanz und Kreuzlingen geschenkt, es gab ein kleines Fest und (fast) keine kritische Stimme bzw. Auseinandersetzung. Die Kunstgrenze der Bundesregierung wird aus Steuergeldern finanziert, hat aber einen kritischen Prozess in unserer Gesellschaft ausgelöst. Sicherlich haben die gezielte Werbung in den Medien und die im Vorfeld gestarteten Performance Events dazu beigetragen. Mühselig zu fragen welcher künstlerische Prozess mehr bewirkt.

Der 2,50 Meter hohe Kunstgrenze aus Stahlgittern und Beton ist mit Stacheldraht umwickelt und mit Kameras sowie Bewegungsmeldern ausgerüstet. Bestandteil der Kunstgrenze ist auch ein 50 Zentimeter in die Tiefe reichender so genannter Unterkriechschutz.

Das Kunstwerk
Beachtenswert ist die geometrische Linienführung der Kunstgrenze, das Gewässer ist in das Konzept mit einbezogen. Somit entsteht ein eigener Raum, ein innen und aussen. Der Stacheldraht als Symbol von Mahnung und schmerzhaften Übertretungen. Dieser ist wie eine Krone auf das Haupt der Kunstgrenze gesetzt und winkt mit einer offenen Kommunikation vom Politiker zum Bürger. Das filigran gesetzte Metallgitter scheint Durchlässigkeit und Transparenz aufzuzeigen. Es schwebt scheinbar über den Grund. Sie signalisiert Offenheit, „wir wollen einen Dialog“ und zum anderen zeigt sie die absolute Grenze – komm uns nicht zu nahe. Hier wird ein Spannungsfeld aufgezeigt, der auch Raum für neue Interpretationen lässt.

Sind es Gefangene oder Ausgestossene die sich innerhalb der Kunstgrenze befinden oder entspricht es einen Zoo, so wie es in Berlin gerade mit Knut passiert? Wer ist hier eingesperrt oder wird hier ein ganzes Volk ausgesperrt? Der Unterkriechschutz symbolisiert – hier kommt nichts von unten, der Basis. Es zeigt eine distanzierte Sichtweise – der obere Teil des Kunstwerkes steht frei im Raum und das verborgene ist im Untergrund verankert, man könnte fast sagen das erdige Mutterhafte wird nicht sichtbar gemacht. Damit der Event eine eigene Dynamik bekommt, werden zusätzlich angeheuerte Performance-Künstler als Polizisten verkleidet an der Kunstgrenze patrolieren. Ein wahrlich politisches Kunstwerk.

heiligendamm.jpg

Leider kann man die Kunstgrenze nur aus 200 Meter Abstand besichtigen. Sicherheitskräfte begründen es „man wolle das Kunstwerk schützen“, nicht das die Transparenz missverstanden werden könnte.

Der Event endet am 9. Juni, mittlerweile sind schon über 40 Begleitveranstaltungen angemeldet und es werden sicherlich noch mehr. Um das Spannungsfeld zur Kunstgrenze und diversen Performance-Shows zu steigern hat sich die Bundesregierung im Vorfeld schon interessante Aktionen einfallen lassen. Wir sind gespannt auf den Vernissagen und der Einweihung der neuen innerdeutschen Kunstgrenze. Ach ja, ein Name wurde auch schon gefunden „Scheinheiligendamm“.